Erneuerbare müssen Verantwortung für Versorgungssicherheit übernehmen

Die sichere Stromversorgung ist ein hohes Gut für die deutsche Wirtschaft. Einen maßgeblichen Beitrag dazu müssen auch die Stromerzeuger mit witterungsabhängigen Wind- und Solarenergien leisten.

Am Markt zu erwerbende Güter haben im Regelfall Fertigungszeiten und können im großen Maße gelagert werden. Das trifft für Strom grundsätzlich nicht zu. Mit Betätigung eines Schalters muss dieser fließen. An 365 Tagen im Jahr hat der angeforderte Strom zu jeder Sekunde zur Verfügung zu stehen. Dafür müssen entsprechende Kraftwerkskapazitäten bereitstehen. Ob in der Industrie, im Gewerbe oder privaten Haushalt benötigt der Stromkunde zwei Produkte: die Menge an Strom (Arbeit) und die benötigte Kraftwerkskapazität zu jeder Sekunde des Bedarfs (Leistung).

Mit ihren bisherigen schon 32 Prozent und bis zum Jahre 2050 auf 80 Prozent wachsenden Anteilen am deutschen Strombedarf können Erzeuger der erneuerbaren Energien nicht aus der Pflicht entlassen werden, zu einer jederzeit sicheren Stromversorgung beizutragen. Dem folgend, hat auch der CDU-Parteitag 2015 in Karlsruhe beschlossen, dass die Anbieter erneuerbarer Energien verstärkt Verantwortung für die sichere Versorgung übernehmen müssen. Hierfür muss jedoch nach Ansicht der MIT eine marktwirtschaftliche Regelung den Vorrang erhalten.

Vorgegebenes Ziel der EU-Binnenmarktrichtlinie ist es, die Stromerzeugung den Kräften des freien Marktes zu überlassen. Der richtige marktwirtschaftliche Weg ist daher, sowohl den konventionellen als auch den regenerativen Stromerzeugern die Verantwortung für die Versorgungssicherheit aufzuerlegen. Zum Ausgleich witterungsbedingter auftretender Lücken in der Stromerzeugung haben Anbieter regenerativer Energien in Speicherkapazitäten zu investieren. Solange sie dies technisch oder aufgrund fehlender Speicher noch nicht leisten können, sind diese Lücken durch Verträge mit konventionellen Kraftwerken abzudecken. Für dieses zweite Basissegment der Stromversorgung entsteht ein neuer, auch an der Börse anzusiedelnder Markt mit Preisen, zu denen für die Versorgungssicherheit erforderliche konventionelle Kraftwerke wirtschaftlich bereitgehalten werden können. Eine entsprechende Verpflichtung ist in das Energiewirtschaftsgesetz aufzunehmen.

Staatlicher Eingriff in den freien Strommarkt durch EEG und seine Folgen

Mit dem Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) greift der Staat aber regulierend in den vorgegebenen „Freien Markt der Stromerzeugung“ ein. Er gewährt den Erzeugern erneuerbaren Energien den Einspeisevorrang vor dem aus konventionellen Kraftwerken erzeugten Strom und gibt mit dem EEG die zu vergütenden Strompreise vor. Er verstößt damit gegen die Grundsätze wettbewerblicher Preisbildung an freien Märkten. Infolgedessen ist es zu erheblichen Verzerrungen des Marktumfeldes gekommen.

Aufgrund des Einspeisevorranges werden konventionelle Kraftwerke außerhalb eines Wettbewerbs aus dem Markt gedrängt bzw. ihre Einsatzzeiten vermindern sich drastisch. Zum anderen bestimmen bei hohen Einspeisungen regenerativ erzeugten Stromes im Rahmen des an der Strombörse bei der Preisbildung zum Einsatz kommenden Merit-Order-Verfahren Kraftwerke mit niedrigen Grenzkosten den Börsenpreis. Drastisch verminderte Betriebszeiten vieler konventioneller Kraftwerke sind die Folge und führen daher zu betriebswirtschaftlich begründeten Stilllegungen.


 

Zuwachs an EEG-Strom führt zu Stilllegung konventioneller Kraftwerke

Im Jahre 2016 wurde der deutsche Strombedarf zu einem Drittel durch regenerative Energien gedeckt. Energiepolitisches Ziel ist, sukzessive diesen Anteil zu erhöhen und im Jahre 2050 80 Prozent zu erreichen.

 

Diese energiepolitische Zielsetzung bedingt, dass konventionelle Kraftwerke aus dem Markt gedrängt bzw. die jährlichen Einsatzstunden drastisch zurückgefahren werden. Unwirtschaftlichkeit und Stilllegung sind die Folge. Mit Zunahme der regenerativen Energien in der Stromerzeugung wird sich diese Situation in den kommenden Jahren sukzessive verschärfen. Haben diese im Jahre 2016 zur Bedarfsdeckung mit rd. 400 TWh beigetragen, so werden es im Jahre 2050 nur noch 120 TWh sein. Die Vielzahl dieser konventionellen Kraftwerke steht heute jedoch für die Versorgungssicherheit ein.
Bis zum Jahre 2019 sollen davon Kraftwerke mit einer Leistung von 6.255 GW nach Angaben der Bundesnetzagentur stillgelegt werden. Hinzu kommt die vom Gesetz vorgegebene Stilllegung der verbliebenen Kernkraftwerke mit einer Leistung von 10,8 GW. Des Weiteren werden 2,7 GW an Kapazität bei Braunkohlekraftwerken bis 2019 durch gesetzliche Vorgaben stillgelegt.

Derzeit übernehmen Wind- und Solar-Stromerzeuger keine Verantwortung für Versorgungssicherheit

Bisher tragen die Erzeuger erneuerbarer Energien keine Verantwortung für die Versorgungssicherheit. Im Gegenteil, sie erhalten sogar, wenn aus Lastgründen Anlagen abgeschaltet werden müssen, eine Ausfallentschädigung – oder nicht benötigter Strom wird mit Zuzahlung verschenkt. Die bisher schon rückläufigen Einsatzstunden bestehender konventioneller Kraftwerke werden aufgrund des auf bis zu 80 Prozent des Stromjahresbedarfs gesteigerten Anteils regenerativer Stromerzeugung drastisch zurückgefahren werden.

Studien haben ergeben, dass an Spitzenstunden in Deutschland eine Kraftwerksleistung von 86 GW zur Sicherheit der Versorgung zur Verfügung stehen muss. Konventionelle Kraftwerke sichern Versorgung am Spitzenlasttag In langen, dunklen Wintermonaten fallen jedoch dafür Windkraft- und Solaranlagen fast völlig aus. Zwar kann Strom auch in Batterien heute schon gespeichert werden, das aber nur in geringen Mengen. Stromspeicher, die eine so lange Zeitspanne überbrücken können, sind nicht einmal ansatzweise in Sicht.

Infolge des bis zum Jahre 2050 auf 80 Prozent zunehmenden Anteils regenerativer Energien am Stromverbrauch werden konventionelle Kraftwerke aus dem Markt gedrängt. Rechnerisch müssten diese durch Stilllegungen auch nur noch mit 50 Prozent bzw. 20 Prozent der heutigen Leistungen zur Versorgungssicherheit beitragen.

Versorgungssicherheit auf Basis Marktwirtschaft der richtige Weg

Mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz hat die Bundesregierung dafür bereits eine gesetzliche Grundlage für die Einrichtung von Kraftwerks-Kapazitätsreserven und damit Regulierung geschaffen. Das ist jedoch der falsche Weg außerhalb des gewollten wettbewerblich orientierten Strommarktes. Der Staat greift damit ein weiteres Mal aktiv in das Wirtschaftsgeschehen ein und stellt zunehmend weitere Teile der Stromerzeugung unter staatliche Regulierung mit all ihren negativen Folgen für das Marktgeschehen und entlässt die Erzeuger regenerativer Energien aus ihrer Verantwortung für die Versorgungssicherheit. Vorgegebenes Ziel der EU-Binnenmarktrichtlinie ist zudem, die Stromerzeugung den Kräften des freien Marktes zu überlassen und nicht dem regulierten Übertragungsnetzbereich. Der richtige Weg ist daher, sowohl den konventionellen als auch den regenerativen Stromerzeugern die Verantwortung für die Versorgungssicherheit aufzuerlegen. und nach den Grundsätzen freier Marktwirtschaft zu gestalten. Die Kräfte des Marktes können dieses auf Basis gesetzlicher Rahmenbedingungen sehr wohl preisgünstig gewährleisten.

Werner Vogel, MIT-Energiekommission