MIT-Konjunkturbrief Mittelstand aktuell Januar 2025

Datum des Artikels 06.01.2025
Bund aktuell

Nach 2023 und 2024 könnte die deutsche Volkswirtschaft 2025 weiter schrumpfen. Darauf deuten die ersten Prognosen des neuen Jahres hin. Für die Wirtschaft wäre das die längste Durststrecke seit Gründung der Bundesrepublik. Produktion, Auftragsbestand und Baugenehmigungen entwickeln sich weiter abwärts. Die Insolvenzen sind 2024 um ein Viertel nach oben geschnellt. Das traf eine Drittel Millionen Arbeitsplätze, 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote steigt. Zwar sind durch Zuwanderung so viele Menschen wie nie seit der Wiedervereinigung erwerbstätig. Während die Beschäftigung allerdings vor allem im Dienstleistungssektor steigt, werden immer mehr sichere und gut bezahlte Industriearbeitsplätze abgebaut. Der Stellenabbau wird sich 2025 fortsetzen, genau wie der Rückgang der Investitionen. Mit einer Belebung durch Zinssenkungen sollte nicht gerechnet werden, denn die Inflation liegt wieder über der EZB-Zielmarke. Und angesichts sinkender Exporte und der anstehenden Machtübernahme des Handesskeptikers Trump in den USA, unserem wichtigsten Handelspartner, ist auch vom Außenhandel keine Belebung zu erwarten. So gehen die Unternehmen auf breiter Front pessimistisch ins neue Jahr. Nur 12,6% der Unternehmen gehen für 2025 von verbesserten Geschäften aus, fast drei Mal mehr rechnen mit einer Verschlechterung. Die Wirtschaft braucht eine neue, angebotsorientierte und ordnungspolitisch ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Leistung muss sich für Unternehmen und Arbeitnehmer wieder lohnen, Bürokratie muss abgebaut, Energie billiger werden. Eine neue Bundesregierung muss daher eine echte Wirtschaftswende einleiten und die Durststrecke der Wirtschaft beenden.

Wirtschaftsleistung: Im Produzierenden Gewerbe sank die Produktion im Oktober gegenüber dem Vormonat um 1,0% (Vorjahresvergleich: -4,5%). Im Dreimonatsvergleich ging sie um 0,4% zurück (Destatis 06.12.24). Im Mittelstand sank der Umsatz weiter und lag im November um 4,7% unter Vorjahresniveau (DATEV 19.12.24). Das BIP wird nach -0,3% im Jahr 2023 und -0,2% 2024 voraussichtlich auch 2025 schrumpfen (-0,1%) – das wäre für unsere Volkswirtschaft die längste Durststrecke seit Gründung der Bundesrepublik (HRI 01.01.25).

Auftragslage: Der Auftragseingang ist im Verarbeitenden Gewerbe im Oktober 2024 um 1,5% gefallen (Destatis 05.12.24). Der Auftragsbestand konnte zwar leicht zulegen, lag aber um 1,3% unter Vorjahresniveau (Destatis 18.12.24). Im Oktober wurden 18,0% weniger Baugenehmigungen erteilt als ein Jahr zuvor (Wohnungsbau: -19,5%) (Destatis 18.12.24).

Insolvenzen: 2024 schnellten die Insolvenzen um knapp ein Viertel nach oben (24,3%). Davon waren 320.000 Arbeitsplätze betroffen, ein Anstieg um 56%. Ein Grund für die starken Arbeitsmarkteffekte dürfte der auffällige Anstieg der Großinsolvenzen um 44,4% sein. Besorgniserregend: Seit 2021 sind die Insolvenzen von Industrieunternehmen um 80% gestiegen (Creditreform 16.12.24). Von Q1 bis Q3 stiegen die Insolvenzen um 22,2%, das war seit 2016 der stärkste Anstieg in diesen Quartalen (Destatis 19.12.24).

Preisentwicklung: Die Inflationsrate stieg im November auf 2,2% (Oktober: 2,0%) (Destatis 10.12.24). Im Euro-Raum hat sich die Inflation auf 2,3% erhöht (DZ Bank 28.11.24) und liegt damit über der EZB-Zielmarke.

Arbeitsmarkt: Zum Jahresende stieg die Arbeitslosenquote auf 6,0% (ILO-Konzept: 3,3%) (BA 03.01.24). Gleichzeitig waren 46,1 Mio. Menschen erwerbstätig, so viele wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Möglich war der Anstieg durch Zuwanderung und Beschäftigungsaufbau im vergleichsweise gering entlohnten Dienstleistungssektor, während die Erwerbstätigkeit im Produzierenden Gewerbe, im Baugewerbe und bei den Selbstständigen abnahm (Destatis 02.01.25). Im Mittelstand ging die Beschäftigung im Dezember zum dritten Mal in Folge zurück (DATEV 19.12.24) und die Beschäftigungserwartungen trübten sich ein (KfW/ifo 27.12.24). Besonders in der Industrie wollen immer mehr Unternehmen Stellen abbauen (ifo 19.12.24).

Außenwirtschaft: Im Oktober sanken die Exporte gegenüber dem Vormonat um 2,8% (Vorjahresvergleich: -2,8%) (Destatis 13.12.24). Die deutsche Wirtschaft rechnet mit einem rückläufigen Auslandsgeschäft, die ifo-Exporterwartungen sind im Dezember auf -6,1 Punkte gesunken (November: -5,8 Punkte) (ifo 18.12.24).

Finanzierung: Die Investitionstätigkeit in Deutschland lässt weiter nach, die Kreditnachfrage ging in Q4 zurück (DSGV 19.12.24). Im Mittelstand zeigt sich die anhaltende Schwächephase auch in den Bilanzen. Der Bilanzqualitätsindex der KMU befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit 2014 (DZ Bank 09.12.24). Das Geldvermögen privater Anleger ist 2024 hingegen um 6% auf 9 Bio. Euro gewachsen. Die hohe Sparneigung schwächt in der kurzen Frist zwar den Konsum, andererseits stellen die Bürger der Volkswirtschaft so mehr Kapital für Investitionen in die Zukunft zur Verfügung (DZ Bank 02.01.25). Allerdings hängt es von der Standortqualität ab, wie viel Kapital zuhause in Deutschland investiert wird.

Standort Deutschland: Die deutschen Unternehmen haben ihre Investitionspläne deutlich gekürzt, die ifo-Investitionserwartungen sind im November auf -9,0 Punkte gefallen (März: -0,1 Punkte). Der Rückgang ist am stärksten in der Elektroindustrie, im Maschinen- und im Fahrzeugbau (ifo 13.12.24). Nur jeder siebte Selbstständige hat vor, seine Investitionen zu erhöhen (ifo 09.12.24). Im Mittelstand bringen immer weniger Unternehmen Innovationen hervor, die Innovatorenquote unter KMU ist 2024 auf 39% gesunken (2023: 40%, 2019: 42%) (KfW 02.01.25).

Geschäftsklima: Nur 12,6% der Unternehmen in Deutschland gehen für 2025 von verbesserten Geschäften aus, 31,3% rechnen mit einer Verschlechterung (ifo 16.12.24). Die Stimmung im Mittelstand hat sich im Herbst eingetrübt und liegt seit drei Jahren unter dem langfristigen Mittelwert (DZ Bank 09.12.24). Auch das ifo/KfW-Geschäftsklima für den Mittelstand hat sich weiter verschlechtert, am stärksten bei den Industrieunternehmen (KfW/ifo 27.12.24).

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