MIT Stuttgart: "Fehler sind kein Weltuntergang"

Datum des Artikels 23.07.2016

Zu den jährlich stattfindenden „Wirtschaftsgespräche der MIT Stuttgart“ werden Referenten eingeladen, die ihre Meinung zu grundsätzlichen Themen aus Wirtschaft und Politik vertreten. Das anschließende sommerliche Barbecue rundet diesen immer interessanten und unterhaltsamen Abend ab.

Dieses Jahr erläuterte Lencke Steiner die deutsche Einstellung zu Fehlern. Die junge Unternehmerin, Spitzenpolitikerin der FDP in der Bremischen Bürgerschaft und Investorin bei dem Fernsehformat „Die Höhle der Löwen“ zeigte locker, engagiert und sehr unterhaltend auf, wie der Hang zu Perfektionismus in Deutschland eine positive Fehlerkultur verhindert. Der Umgang mit Fehlern unterscheidet uns dramatisch von den USA. Dort wird mit Stolz erzählt, wie man über steinige Wege mit vielen Fehlern letztlich doch noch zum Erfolg gelangte. In Deutschland wird bei Erfolg der Weg dorthin nur durch die rosarote Brille geschildert. Wir schämen uns, Fehler einzugestehen, da man bei einem solchen Eingeständnis schräg angeschaut wird. Wir haben Angst vor Fehlern und diese Angst lähmt die deutsche Wirtschaft. In Deutschland wurden 2015 im Vergleich zum Vorjahr 2 % weniger Firmen gegründet. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Einer davon ist, dass ein Einstiegsgehalt nach dem Studium höher ist, als das Einkommen eines start-up-Unternehmers, das zudem verbunden ist mit Risiken. Es gilt die Angst, keinen Erfolg zu haben, dem daraus resultierenden Gesichtsverlust und dem folgenden Imageverlust. Insolvenz anzumelden, gehört sich nicht. Eine zweite Chance durch die Banken gibt es nicht. Respekt vor Gründern sucht man vergeblich. Hat der Vater Mist gebaut, werden durch die Namensgleichheit die Söhne in Sippenhaft genommen. Steiner schilderte anschaulich den Umgang mit Fehlern an Beispielen, u.a. von paypal, das der vierte, diesmal erfolgreiche Versuch einer Unternehmensgründung ist oder dem zweiten Versuch von Lars Hinrich, der zum bekannten Netzwerk Xing führte. Sie erzählte auch von vielen eigenen Entscheidungsfehlern, die teilweise sehr viel Geld gekostet haben: „ jeder Stein, der mir in den Weg gerollt wurde, war ein Meilenstein in meiner Entwicklung. Man darf nicht verzweifeln bei Problemen, auch wenn man feststellt, dass das jetzt wieder mal richtig Sch…. gelaufen ist.“ Niemand ist frei von Fehlern. Als Chef sollte man mit seinen eigenen Fehlern offen umgehen. Steiner berichtete von der positiv gelebten Fehlerkultur im eigenen Unternehmen und dem Umgang mit Mitarbeitern, denen Fehler unterlaufen sind. Zur positiven Fehlerkultur gehört auch Verzeihung. Dies gilt nicht nur in Unternehmen sondern auch für die Politik. Aber auch hier fehlt der Mut zu Fehlern oder deren Eingeständnis. Passieren Fehler, sind immer die anderen schuld - oder niemand ! Dabei bieten Fehler auch Chancen. Auch stellt sich die Frage, was sind Fehler überhaupt? Etwas falsch zu machen, ist nicht immer ein Fehler. Es war wie immer ein