Begründung:
Agilität meint die Fähigkeiten von Organisationen, sich flexibel, schnell und wirksam an Veränderungen anzupassen – ohne dabei an Klarheit, Verlässlichkeit oder Qualität zu verlieren. Sie basiert auf kurzen Entscheidungswegen, klaren Verantwortlichkeiten, interdisziplinärer Zusammenarbeit und einer Kultur des Ausprobierens. Agiles Arbeiten bedeutet nicht Chaos oder Regelverzicht, sondern strukturiertes und lernfähiges Handeln – mit dem Ziel, in dynamischen Märkten und sich wandelnden Rahmenbedingungen handlungsfähig zu bleiben. Besonders für mittelständische Unternehmen bietet Agilität eine Chance, Innovationskraft, Resilienz und Attraktivität als Arbeitgeber zu stärken.
Agilität ist für mittelständische Unternehmen längst mehr als ein modernes Arbeitsmodell – sie ist ein unternehmerischer Überlebensmechanismus in Zeiten disruptiver Veränderungen. Wer schnell handeln, entscheiden und liefern muss, darf nicht durch starre Vorgaben, träge Verfahren oder veraltete Förderlogiken ausgebremst werden.
Der Koalitionsvertrag 2025 benennt wichtige Zielsetzungen – von der Flexibilisierung der Arbeit über die Verwaltungsmodernisierung bis hin zur Förderung innovativer Mittelständler. Der vorliegende Antrag ergänzt diese Weichenstellungen um eine klare mittelstandspolitische Perspektive: Agilität muss politisch ermöglicht, rechtlich abgesichert und strukturell unterstützt werden.
Agilität sollte als wirtschaftspolitisches Leitbild etabliert werden. Im Koalitionsvertrag 2025 ist das Konzept bislang nicht als strategischer Rahmen für Mittelstandspolitik definiert. Es braucht eine klare Einordnung, die Agilität aus der operativen Ebene heraushebt und als gestaltenden Ansatz in Digital-, Fachkräfte- und Innovationspolitik verankert.
Für die Arbeitszeitflexibilisierung ist eine praxisgerechte Umsetzung erforderlich. Während der Koalitionsvertrag eine Wochenhöchstarbeitszeit vorsieht und die Vertrauensarbeitszeit im Einklang mit der EU-Richtlinie zulässt, braucht es ergänzend klare Regelungen zur Dokumentationspflicht, praktikable Ausnahmen für Führungskräfte und Rechtssicherheit für projektbezogene Arbeitsmodelle. Entscheidend ist dabei: Die EU-Arbeitszeitrichtlinie gibt hier bewusst Gestaltungsspielräume. Es wird also nicht überreguliert – vielmehr zeigt sich gerade an diesem Beispiel, dass europäische Vorgaben mehr Flexibilität für modernes Arbeiten ermöglichen, als das deutsche Recht bisher zulässt.
Unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen müssen stärker auf die Realität agiler Mittelständler abgestimmt werden. Allgemeine Digitalisierungsziele wie das Once-Only-Prinzip und digitale Unternehmenskonten sind ein guter Anfang – es braucht jedoch ergänzende Maßnahmen wie beschleunigte Verfahren, verbindliche Ansprechpartner in Behörden und flexible Förderlogiken.
Eine gezielte Förderung agiler Transformationen ist bislang nicht vorgesehen. Zwar existieren Programme zur Digitalisierung und ökologischen Transformation, doch klassische mittelständische Unternehmen benötigen zusätzlich Coachingformate, Weiterbildungsangebote und agile Projektbegleitung – gerade in frühen Phasen.
Pilotprojekte und Reallabore sollten auf Agilität fokussiert werden. Der Koalitionsvertrag benennt eine Kultur der Experimentierfreude, ohne konkrete Umsetzungsvorgaben für KMU. Hierfür sind zeitlich befristete Reallabore mit klarer Zieldefinition, Begleitforschung und öffentlich zugänglichen Ergebnissen erforderlich.
Die Verwaltung muss auch strukturell auf agile Prozesse vorbereitet sein. Digitalisierung allein reicht nicht – es braucht angepasste Vertragsmodelle wie agile EVB-IT-Regelungen, verbindliche Entscheidungsrollen und verlässliche Rahmenbedingungen für agile Dienstverträge. Das betrifft insbesondere Fragen rund um § 611a BGB, Scheinselbstständigkeit und öffentliche Beschaffung.
Agilitätsförderung ist dabei keine Einbahnstraße zugunsten von Arbeitgeberinteressen. Sie schafft auch für Arbeitnehmer mehr Selbstbestimmung, sinnvolle Teilhabe an Entscheidungen, moderne Arbeitsumgebungen und flexible Lebensgestaltung. Gerade im Mittelstand bietet sie das Potenzial für eine neue Balance aus Leistungsbereitschaft und individueller Entfaltung – im Einklang mit den Werten der Sozialen Marktwirtschaft.
Diese vertiefenden Argumente zeigen: Der Antrag ist keine Wiederholung bestehender Regierungsziele, sondern eine mittelstandspolitische Weiterentwicklung. Er konkretisiert den Handlungsbedarf in zentralen Feldern, die für die agile Zukunftsfähigkeit von Unternehmen entscheidend sind – und stärkt so den politischen Gehalt der vorgeschlagenen Maßnahmen.
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