„Wovon träumt die SPD nachts?“ MIT-Neumitglied Waldemar Hartmann im Interview

Datum des Artikels 19.08.2020
MittelstandsMagazin

ARD-Kultreporter Waldemar „Waldi“ Hartmann (72) hat die CDU bereits in den Landtagswahlkämpfen in Sachsen und Thüringen unterstützt. Jetzt konnte Carsten Linnemann ihn für die MIT werben. Mit dem MIT-Vorsitzenden sprach Hartmann über einen möglichen CSU-Kanzlerkandidaten, SPD-Kandidat Olaf Scholz und glattgebügelte Sprache in Sport und Politik.

Linnemann: Waldi, du hast eine spannende Karriere hinter dir. Du bist mit 18 Jahren ausgezogen, um DJ zu werden. Mit 21 Jahren hast du dich als Kneipier selbstständig gemacht und wurdest schließlich zur Sportreporter-Legende. Wie kamst du von deiner Kneipe „Waldis Club“ zur ARD-Sendung „Waldis Club“?

Hartmann: Damals war ich zuerst Volontär und dann freier Mitarbeiter bei einer Augsburger Zeitung. Daneben habe ich die Kneipen betrieben. Die erste hieß „Waldis Club“, die zweite „Waldis Pub“. Als ich dann zum Radio und später zum Fernsehen wechselte, habe ich die Kneipen verkauft. Nach einigen Jahren als Moderator, zuletzt mit Harald Schmidt zusammen bei Olympia als „Waldi und Harry“, bot mir die ARD eine eigene Sendung an. Ich dachte damals, es wäre doch eine runde Geschichte, wenn sich der Kreis wieder schließen und die Sendung „Waldis Club“ heißen würde. Zu meiner Überraschung nahm die ARD meinen Vorschlag an.

Viele wissen aber nicht, dass du nicht nur Sport gemacht hast…

Genau, ich habe damals im Bayerischen Rundfunk zuerst beim Hörfunk für politische Sendungen gearbeitet. Zu dieser Zeit führte Ministerpräsident Franz Josef Strauß zum ersten Mal eine regelmäßige Pressekonferenz ein. Das gab es vorher nicht. Bei seinem Vorgänger Alfons Goppel gab es nur Verlautbarungen des Regierungssprechers. Nachfragen waren überhaupt nicht zugelassen. Für die Politiker war das natürlich das Paradies. Von den Kollegen beim BR, die schon viel länger als ich in der Redaktion waren, wollte aber keiner den Job übernehmen. Irgendwie hatten sie Bammel vor Strauß. Ich nicht, er war ja quasi mein politischer Held. Daraus hat sich ein gutes Verhältnis entwickelt. Sein Sohn Franz-Georg war später mein Trauzeuge.

Franz Josef Strauß, der ja 1980 Bundeskanzler werden wollte, bringt uns zur aktuellen Kanzlerdiskussion. Die MIT hat sich klar für Friedrich Merz ausgesprochen. Aber das Rennen ist noch offen. Könntest du dir einen CSU-Kanzlerkandidaten vorstellen?

Natürlich kann ich mir Markus Söder sehr gut vorstellen. Er hat in der Krise souverän regiert und über Monate hinweg mit Abstand die besten Umfrageergebnisse gehabt – doch dann kam das Test-Fiasko bei den Reiserückkehrern. Da musste auch Söder erleben, wie es ist, wenn mal nicht alles rund läuft und die mediale Empörungswelle zum Tsunami wird. Und, nur mal nebenbei: Die an den Grenzen positiv getesteten Rückkehrer wären auch positiv gewesen, wenn sie die Ergebnisse nicht erst verspätet bekommen hätten. Häme ist im Zusammenhang mit Gesundheit ohnehin fehl am Platz. Trotzdem sehe ich Söder noch vorn. Wäre das Kandidatenrennen ein Fußballspiel, führt Söder jetzt nicht mehr 5:0, vielleicht nur noch 2:0.

Welchen Ratschlag würdest du den Parteispitzen geben?

Wir dürfen uns jetzt nicht von der SPD treiben lassen. Mich wundert ohnehin, wie eine Partei, die in den Umfragen bei 14 bis 16 Prozent liegt, einen Kanzlerkandidaten aufstellt. Da frage ich mich: Wovon träumt die SPD nachts? Olaf Scholz dürfte doch erst einmal damit beschäftigt sein, den Wirecard-Skandal und die Cum-Ex-Affäre aufzuarbeiten und das Verhältnis der SPD zur Linkspartei zu klären. Die Union sollte deshalb nicht so sehr auf andere Parteien schauen, sondern zunächst die Corona-Krise bewältigen und parallel – ohne sich zu zerfleischen – die Kanzlerfrage klären. Dafür wäre es gut, wenn die CSU noch vor der Wahl des CDU-Vorsitzenden klärt, ob sie einen eigenen Kandidaten hat.

Zurück zum Fußball: Die „Weißbier-Wutrede“ von DFB-Teamchef Rudi Völler im Interview mit dir ist unvergessen. Ihr seid am 6. September 2003 nach einem schwachen Spiel der Deutschen aneinandergeraten. Nervt es dich eigentlich, wenn du immer wieder darauf angesprochen wirst?

Frag mal Mick Jagger, ob er seinen Rolling-Stones-Hit „Satisfaction“ noch hören kann. So wie für ihn war das für mich nicht nur beruflich ein Hit, es machte sich auch auf dem Konto bemerkbar. Ich war danach zehn Jahre Werbebotschafter für eine große Brauerei. Ich bedanke mich deshalb jedes Jahr am 6. September bei Rudi für seinen „Million-Dollar“-Satz.

Heute habe ich nach jedem Spiel das Gefühl, Trainer und Spieler spulen immer die gleichen langweiligen Sätze ab. Ist das auch dein Eindruck?

Absolut. Der Wandel fing an, als Telefone plötzlich fotografieren konnten. Ab da wurden alle vorsichtiger. Die Spielerberater fingen an, ihre Spieler abzuschirmen. Als ich früher etwas wissen wollte, habe ich die Spieler noch selbst angerufen zuhause. Heute holen sich die Spieler eine Erlaubnis ab, um etwas sagen zu dürfen, was dreimal chemisch gereinigt wurde. Aber die Menschen wollen authentische Aussagen und Klartext hören – auch in der Politik! Einen Strauß oder einen Herbert Wehner gibt es in der Politik ja nicht mehr. Die meisten Politiker haben eine Schere im Kopf aus Angst vor einem Shitstorm im Netz. Wenn ich aber merke, dass alle Ecken und Kanten weg sind, klingt alles glatt und ich höre nicht mehr zu.

Umso mehr freue ich mich, dass wir dich jetzt als Neumitglied aufnehmen können. Jemanden, der noch Ecken und Kanten hat – und der ein Fan der Sozialen Marktwirtschaft ist.

Ich will die MIT als Selbstständiger gerne unterstützen, weil sie für eine bessere Politik im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft eintritt. Unsere Familienunternehmen sind die Herzkammer der Wirtschaft. Die haben einen ganz anderen Ansatz als Konzernmanager, die mit fremdem Geld hantieren und auch noch mit Millionen abgefunden werden, wenn sie den Laden an die Wand fahren.


Tritt für die Soziale Marktwirtschaft ein: Sportreporter-Legende Waldemar Hartmann unterzeichnet den Mitgliedsantrag der MIT.

Dieser Artikel erschien im Mittelstandsmagazin (Ausgabe 4-2020).