Abmahnmissbrauch bekämpfen

Datum des Artikels 15.05.2018
Beschluss

Der Missbrauch des Abmahnwesens belastet vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Selbst bei kleinsten Rechtsverstößen – sei es im Onlinehandel, im stationären Handel oder im Gewerbe (Hersteller und Handwerk) – drohen Abmahnungen, die letztlich häufig dazu führen, dass der Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt und das Gewerbe aufgegeben wird. Das Instrument der Abmahnung ist zwar grundsätzlich als scharfes Schwert des Verbraucherschutzes zu begrüßen. Es sind jedoch einzelne Nachjustierungen des Rechtsrahmens erforderlich, um Missbrauch auszuschließen. Auch im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD ausdrücklich dafür ausgesprochen, den Missbrauch des Abmahnwesens verhindern zu wollen.

In Anbetracht dessen fordert die MIT die Bundesregierung dazu auf:
1. Die Anforderungen an die Klagebefugnis zu verschärfen.

2. Die Kriterien für einen Rechtsmissbrauch konkreter zu formulieren.

3. Eine Streitwertdeckelung oder Kostendeckelung für Regelbeispiele einzuführen.

4. Den Fliegenden Gerichtsstand für UWG-Angelegenheiten abzuschaffen.

5. Gelder aus strafbewährter Unterlassungserklärung bei leichten Verstößen dem Staat zufallen zu lassen.

Dazu im Einzelnen:
1. Anforderungen an die Klagebefugnis verschärfen
Bei Verbraucherschutzverbänden müssen die Anforderungen für die Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen erhöht werden. Das Bundesamt für Justiz muss regelmäßig überprüfen, ob die Voraussetzungen noch erfüllt sind.
Auch für Wettbewerbsvereine sollte eine vergleichbare Liste beim Bundesamt für Justiz eingeführt werden.
Ob Mitbewerber tatsächlich alle Arten von Verstößen abmahnen dürfen, sollte auf den Prüfstand gestellt werden. Gerade in einfach gelagerten Fällen besteht dafür keine Notwendigkeit, da bei diesen an einer spürbaren Auswirkung auf das Wettbewerbsverhältnis zum Abmahner gezweifelt werden muss. Das sind vor allem Verstöße gegen Informationspflichten im Onlinehandel, wie z. B. Impressumsfehler, fehlerhafte Widerrufsbelehrungen und Vergleichbares.

2. Kriterien für Rechtsmissbrauch konkreter formulieren
Die Rechtsprechung hat etliche Kriterien herausgearbeitet, die auf Rechtsmissbrauch hindeuten. Dies wird aber von den Gerichten nicht einheitlich und viel zu wenig berücksichtigt. Der Nachweis, dass – selbst massenhaft versandte –Abmahnungen missbräuchlich sind, ist aktuell vor Gericht nur schwer zu erbringen, weil die Anforderungen an die Darlegungslast zu hoch sind. Die konkreten Kriterien sollten deshalb ins Gesetz selbst aufgenommen werden, insbesondere
• die Abmahnung ergeht vorrangig wegen des Gebührenerzielungsinteresses und hinsichtlich marginaler Rechtsverstöße, die für sich genommen keine Auswirkungen auf den Wettbewerb haben und deshalb kein nennenswertes wirtschaftliches oder sonst beachtliches Interesse an der Verfolgung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes besteht,
• die aus der eigentlichen Geschäftstätigkeit des Abmahners erzielten Einnahmen treten im Vergleich zu dem Umfang der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen deutlich zurück.

3. Streitwertdeckelung oder Kostendeckelung für Regelbeispiele
Nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG sollte folgender Satz 3 eingefügt werden:
„Aufwendungen für eine anwaltliche Dienstleistung sind nur bis zur Höhe von 100 EUR zu ersetzen, wenn die Abmahnung eindeutige und leicht feststellbare Zuwiderhandlungen betrifft, insbesondere bei
a) Verstößen gegen außerhalb dieses Gesetzes geregelte Informations- und Impressumspflichten,
b) Verstößen gegen Aufklärungspflichten über gesetzliche Vertragsrechte,
c) bei Verstößen, die nach ihrer Art und Schwere den Verstößen zu Buchstabe a)
oder b) entsprechen, es sei denn, diese Zuwiderhandlung beeinträchtigt die Interessen des Abmahners nachweislich schwerwiegend.

Eine solche Streitwert- oder Kostendeckelung ist nur dann erforderlich, wenn der Mitbewerber weiterhin auch in solchen einfach gelagerten Fällen klagebefugt sein sollte. Besser wäre es allerdings, schon die Klagebefugnis diesbezüglich einzuschränken.

4. Abschaffung des Fliegenden Gerichtsstands für UWG-Angelegenheiten
Der Fliegende Gerichtsstand, mit dem sich bei Rechtsverstößen im Internet der Mitbewerber als Abmahner jedes beliebige Gericht in ganz Deutschland aussuchen kann, ist besonders missbrauchsanfällig, ohne dass für ihn im UWG – zumindest in einfach gelagerten Fällen – ein sachlicher Grund besteht. Die bestehende Regelung des „Fliegenden Gerichtstands“ in anderen Rechtsbereichen, wie z. B. dem Presse-, Marken- und Patentrecht, würde dadurch nicht in Frage gestellt.

5. Gelder aus strafbewährter Unterlassungserklärung bei leichten Verstößen dem Staat zufallen lassen
Den auf das Abmahnwesen spezialisierten Kanzleien wird hierdurch ein wesentlicher Anreiz für ihr missbräuchliches Geschäftsmodell genommen. Das Abmahnen mit strafbewehrter Unterlassungserklärung wird dann nicht mehr vordergründig aus Gewinnerzielungsabsicht betrieben.