Arbeitszeiterfassung unbürokratisch umsetzen – Arbeitszeitrecht reformieren [MIT-Präsidium]

Datum des Artikels 17.05.2023

Mit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind die Arbeitgeber verpflichtet, ein System zur Erfassung der von ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geleisteten täglichen Arbeitszeit einzuführen. Dieses soll dabei Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeit einschließlich der Überstunden erfassen.

Mitte April 2023 ist ein Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes bekannt geworden. Dieser Entwurf ist das Gegenteil von dem, was Betriebe und Beschäftigte jetzt brauchen.  Statt Flexibilisierung droht weitere Regulierung, statt Vertrauen regiert Bevormundung. Der Entwurf nutzt weder die Spielräume, die die Rechtsprechung des EuGH und des BAG belassen hat, noch die Spielräume der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG). Die Folge wäre eine unnötige Bürokratie und damit eine weitere Belastung insbesondere kleiner und mittelständischer Unternehmen. Zudem würde es das Ende der Vertrauensarbeitszeit bedeuten. Der Entwurf steht somit nicht nur im Widerspruch mit dem Koalitionsvertrag, sondern auch mit den Beschäftigteninteressen nach mehr Flexibilität und einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es braucht keinen Bürokratie-Tsunami mit einer generellen Pflicht zur taggleichen elektronischen Erfassung, sondern vielmehr eine grundlegende Reform des Arbeitszeitrechts an die längst gelebte Arbeitswirklichkeit.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) fordert:

• Einen Gesetzentwurf zur Reform des Arbeitszeitrechts, welcher bei der Umsetzung der Vorgaben des EuGH-Urteils vom 14. Mai 2019 (C-55/18) und des BAG-Beschlusses vom 13. September 2022 (1 ABR 22/21) sämtliche Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeiterfassung vollumfänglich ausschöpft.

• Die Aufzeichnungspflicht darf maximal Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beinhalten.

• Eine verpflichtende Arbeitszeiterfassung darf keine Form der Aufzeichnung vorgeben, d.h. grundsätzlich muss auch eine schriftliche Aufzeichnung zulässig sein.

• Die Aufzeichnung darf frühestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages zu erstellen sein. Die Pflicht zum Bereithalten von Aufzeichnungsdokumenten darf maximal zwei Jahre betragen.

• Es muss die Möglichkeit beibehalten werden, die Aufzeichnung der Arbeitszeiten auf die betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu delegieren.

• Vertrauensarbeitszeitmodelle müssen grundsätzlich für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglich bleiben. Hier bedarf es einer rechtssicheren Lösung.

• Darüber hinaus muss statt einer werktäglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit eingeführt und eine Flexibilisierung der Ruhezeit im Arbeitszeitgesetz an arbeitsorganisatorische und gesellschaftliche Realitäten angepasst werden. Dies entspricht den Interessen der Beschäftigten nach mehr Flexibilität und dient einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.