Bootstour der MIT Lingen auf dem Dortmund-Ems-Kanal

Datum des Artikels 22.09.2016

Stadtbaurat Lothar Schreinemacher von der Stadt Lingen erläuterte an Bord der „Santa Maria“ die Planungen und Projekte in der Stadt und wie das Thema „Wasser“ städteplanerisch und touristisch berücksichtigt werde.

Von der Anlegestelle „Hotel am Wasserfall“ fuhr das Schiff flussaufwärts, um dann in den Dortmund-Ems-Kanal (DEK) einzufahren. Flussaufwärts ist der Hafen des Benteler-Stahlwerks zu sehen. Der im Elektrostahlwerk verarbeitete Schrott wird per Schiff, LKW und Bahn angeliefert und im Wesentlichen per Bahn abtransportiert. Auf der rechten Seite des Kanals stehen die Blöcke des Gaskraftwerks und das im Rückbau befindliche KKW Lingen. Hinter der Eisenbahnlinie sieht man im Industriepark Süd das KKE Emsland, das 2022 als eines der letzten Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden soll. Im Industriepark Süd beschäftigen 12 Unternehmen ca. 3.500 Mitarbeiter. Die einzelnen Unternehmen verfügen über Erweiterungsflächen. Darüber hinaus stehen Flächen für weitere Ansiedlungen zur Verfügung. Direkt am Kanal werden Flächen für einen Hafen vorgehalten. Diese sind bereits seit der Entwicklung des Industrieparks Lingen-Süd durch Bauleitpläne abgesichert.

Wir befinden uns im Ortsteil Darme. Hier startet im Januar 2017 ein großes privates Bauprojekt. Die Familie Berning erweitert ihr Möbelhaus. Der Planungs- und Bauausschuss der Stadt hat grünes Licht gegeben. Das Traditionshaus baut einen Teil des Gebäudes neu und erweitert die Verkaufsfläche von 13.000 auf ca. 23.000 qm. Diese Erweiterung ist notwendig, um konkurrenzfähig zu bleiben. Große Konkurrenten präsentieren das Angebot auf bis zu 45.000 qm. Die Fertigstellung ist für Herbst 2017 geplant. Weiter geht es vorbei an dem Hafen in Darme. Dort werden die Rohstoffe der AGRAVIS Mischfutter Emsland GmbH und der sibobeton Ems GmbH & Co. KG für die Futter- bzw. Betonherstellung gelöscht. Das Emsland ist geprägt von einer Fluss- und Kanallandschaft, die dadurch historisch bedingt stets auch Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung gehabt hat. Noch heute stehen unsere Wasserwege immer wieder im Fokus von ökonomischen und politischen Diskussionen und Prozessen. Aktuell wurde mit den Ausbauarbeiten des DEK nördlich des Abzweiges des Mittellandkanales begonnen. In einem ersten Schnitt werden auf niedersächsischer Seite die Schleusen Gleesen, Hesselte und Venhaus ausgebaut. Bei steigendem Transportaufkommen wird der Transport mit dem Binnenschiff immer wichtiger. Bis zum Jahr 2025 (Basis 2004 - Beginn der Ausbauplanungen) wird eine Steigerung des gesamten Güterverkehrsaufkommens bezogen auf die DEK-Nordstrecke (Rheine-Lingen-Meppen-Dörpen) und den Küstenkanal um mehr als 25 Prozent prognostiziert. Der Abschnitt bis zum Mittellandkanal (DEK-Südstrecke) soll für das zukunftsfähige übergroße Großmotorgüterschiff (Abmessung: 110,00 x 11,40 x 2,80 m, Tragfähigkeit: 2.100 t) befahrbar sein. Um diese durchgängige Befahrbarkeit auch auf der Nordstrecke herzustellen, müssen fünf alte Schleusen südlich von Lingen ersetzt werden. Ebenso müssen mehrere Brücken angehoben werden, um den Kanal auch für übergroße Großmotorgüterschiffe mit mehrlagiger Tonnage befahrbar zu machen. Mit dem symbolisch ersten Spatenstich für den Neubau der Schleuse Gleesen im August dieses Jahres startete der Ausbau der Nordstrecke. Bis in das Jahr 2029 werden in den Neubau der Schleusen 450 Millionen Euro und in die Streckenanpassung 100 Millionen Euro investiert.

Die Fahrt geht vorbei an der im November 2013 eröffneten Emsland-Arena. Diese hat sich zusammen mit den daneben bereits vorhandenen Emslandhallen sehr positiv entwickelt und stellt einen wichtigen Standortfaktor für die gesamte Region dar. Das Schiff biegt ab in den Alten Hafen. Das Areal um den Alten Hafen ist ein Schwerpunkt der innerstädtischen Entwicklung in den nächsten Jahren. Die zentrale Lage bietet ein großes städtebauliches Potenzial. Drei Planungsbüros wurden von der Stadt beauftragt, das Hafenquartier zu entwickeln. Die gesamte Planung einer unterschiedlichen Wohnbebauung, einer attraktiven touristischen Nutzung mit Gastronomie, Hotel und öffentlichem Zugang zum Wasser steht unter dem Thema Maritim. Das Projekt soll in mehreren Ausbau- und Entwicklungsstufen realisiert werden. Die ersten privaten Projekte wurden abgeschlossen. Auch Anfragen, ob man dort mit einem Hausboot ankern kann, wurden an die Stadt gestellt. Der Beginn der Bebauung auf der nordöstlichen Hafenseite ist für 2017 vorgesehen.

Mit der Fertigstellung des Vier-Sterne-Hotels LookenInn mit 101 Doppelzimmern und dem Burghotel mit 22 Doppelzimmern wurden zwei Projekte in der Innenstadt abgeschlossen. Zwei weitere große Wohn- und Geschäftshäuser werden in der Bernd-Rosemeyer-Straße im nächsten Jahr fertiggestellt. In das Gebäude mit der denkmalgeschützen Tankstelle verlegt die Weinhandlung Willenbrock ihr Geschäft. Im Obergeschoss entstehen Büroflächen und Wohnungen. Das Bahnhofsgebäude wurde von der Deutschen Bahn gekauft. Die Planung und die Durchführung der dringend notwendigen Sanierung des denkmalgeschützen Hauses und „Tor zur Stadt“, zumindest wenn man mit dem Zug anreist, können nun von der Stadt in Angriff genommen werden. Ein neues großes Projekt entsteht durch den Umzug der Sparkasse aus ihrem Gebäude am Marktplatz in das alte Sparkassengebäude, das vorher entsprechend umgestaltet werden muss. Das frei werdende Gebäude soll dann zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgebaut werden, in dem auch großflächiger Einzelhandel und dienstleistungen untergebracht werden sollen. Danach kann der Ausbau des Marktplatzes vollendet werden. Wieder auf dem DEK liegt auf der Westseite zwischen Kanal und Ems der Emsauenpark. Hier wurden auf der 30 ha umfassenden Fläche der ehemaligen Scharnhorstkaserne 500 Wohneinheiten in verschiedenen Wohnformen geschaffen. Innerhalb dieser Fläche wurde auf 14 ha der Emsauenpark, ein Bürgerpark mit verschiedenen Aktionsflächen, mit einem künstlichen See, der technisch als Regenrückhaltebecken konzipiert ist, angelegt. Die Entfernung zur Lingener Innenstadt beträgt ca. 1.000 m Luftlinie und ist für alle Verkehrsteilnehmer gut erreichbar. Der Stadtbaurat hob hervor, dass die Bevölkerungszahl über den Zuwachs von Flüchtlingen hinaus stark gewachsen ist. In den letzten vier Jahren wurden pro Jahr Genehmigungen für 500 Wohneinheiten erteilt. Aufgrund der großen Nachfrage wurden entsprechend auch in den Ortsteilen Baugebiete erschlossen.

Weiter geht die Fahrt in Richtung Raffinerie. Dort befindet sich das größte Bauprojekt. Die BP-Raffinerie ist die kleinste in Deutschland und auch im internationalen BP-Verbund. Sie ist mit rund 750 Mitarbeitern der größte industrielle Arbeitgeber in Lingen. Der Raffineriemarkt in Deutschland und weltweit ist hart umkämpft und damit sind insbesondere kleine Standorte extrem bedroht. Nachdem aus der BP-Konzernzentrale in London grünes Licht für die Maßnahmen zur langfristigen Sicherung des Standortes genehmigt worden sind, werden ca. 250 Mio. € in die Raffinerie und ca. 50 Mio. € in das neu im Altenlingener Forst zu errichtende Verwaltungs- und Servicegebäude bis Ende 2018 investiert. Der Neubau im Altenlingener Forst ist notwendig, da die frei werdenden Flächen in der Raffinerie zur Optimierung und Steigerung der Effizienz zur Sicherung des Standortes dringend benötigt werden. Über die Bebauung der Fläche im Altenlingener Forst wurde heftig debattiert. Letztlich wurde mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und der Liberalen Fraktion die Teilaufhebung des Bebauungsplans 20 in Altenlingen beschlossen und die BP-Raffinerie kann damit beginnen, Verwaltung, Labors, Werkstätten und Werksfeuerwehr auszulagern. Die MIT begrüßt die Entscheidung des Rates. Für Investitionen muss ein Unternehmen auf Rechtssicherheit der Genehmigungen und Zusagen vertrauen können. Nicht einfacher wird die Situation, wenn die örtliche Geschäftsleitung die Konzernleitung in London überzeugen muss. Der Dank der MIT geht bei diesem Projekt auch an die Verwaltung und den Rat der Stadt. Ein besonderer Dank gilt der Geschäftsführung der Lingener Raffinerie, die in intensiven Gesprächen die Konzernmutter in London zur Umsetzung der Maßnahmen und Sicherung des Standortes mit ca. 750 Mitarbeitern überzeugen konnte. Zur Rückfahrt zur Anlegestelle am Hotel am Wasserfall wendete das Schiff im Raffineriehafen. In diesem Hafen wird etwa die Hälfte der Endprodukte der Raffinerie, ca. 2,5 Mio. t (Heizöl, Benzin, Diesel, Kerosin, Propan), umgeschlagen und auf dem Wasserweg versandt. Damit gehört der Raffineriehafen nach Umschlag zu den großen niedersächsischen Binnenhäfen. Die Versorgung der Raffinerie mit Rohstoffen (ca. 5,1 Mio. t) erfolgt überwiegend per Pipeline. Während der Rückfahrt bedankte sich Wolfgang Paus (Vorstandsvorsitzender der MIT Lingen) bei Stadtbaurat Lothar Schreinemacher für die ausführlichen Informationen.