Coronakrise überwinden. Mittelständische Strukturen erhalten. Stark betroffenen Betrieben helfen.

Datum des Artikels 08.05.2020
Beschluss

Eine Rettungsbrückemit fünf Komponenten, um Unternehmen einen Weg aus der Krise zu bereiten

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) setzt sich für ein weiteres Rettungspaket für die Unternehmen in Deutschland ein, das aus mehreren Komponenten besteht. Wir wollen dabei branchenübergreifende Lösungen und trotzdem die individuellen Bedürfnisse und Bedingungen der von der Krise betroffenen Unternehmen berücksichtigen. Branchenspezifische Hilfen wie weitere Mehrwertsteuersenkungen und Kaufprämien lehnen wir ab.

DieMIT fordert eine Ausweitung des Rettungsschirms mit folgenden Komponenten:

  • Steuerliche Verrechnung bisheriger Gewinne mit aktuellen und künftigen Verlusten.

Für Unternehmen, die im Jahr 2019 noch Gewinne erwirtschaftet haben, sollte im Sinne einer steuerfreien Rücklage die Möglichkeit einer „Corona-Rücklage“ geschaffen werden, welche den Gewinn 2019 mindert und anschließend in 2020 und ggf. 2021 aufzulösen ist. Eine Ausweitung der Rücktragsmöglichkeiten von Verlusten ist eine weitere Möglichkeit die Liquidität von Unternehmen schnell zu verbessern. Dafür sollten der Rücktragszeitraum und das Rücktragsvolumen erhöht werden. Außerdem sollte die Rücktragsmöglichkeit unterjährig erfolgen können. Dies sollte über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren erfolgen. Weiterhin sollte die Mindestbesteuerung für den Verlustvortrag ausgesetzt oder vermindert werden. 

  • Beendigung der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge

Ab Mai muss die seit 2005 von den Unternehmen abverlangte Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge entfallen.Meldetermin und Fälligkeit sollen wieder auf die Mitte des Folgemonats gelegt werden, analog der damaligen Regelung von 2005. Damit wird notwendige Liquidität in den Unternehmen belassen und für viele Unternehmen zugleich Bürokratie abgebaut.

  • Rettungsfonds für besonders krisengebeutelte Unternehmen

Für Unternehmen, die in Folge politischer Entscheidungen aufgrund der Corona-Pandemie auf unabsehbare Zeit keine oder nur geringe Einkünfte erzielen können bzw. keine Einkünfte erzielen konnten, aber weiterhin hohe Fixkosten hatten bzw. haben (z. B. Gastgewerbe, Einzelhandel, Veranstalter, Messebauer, Reisebüros, Schausteller) soll ein weiterer Rettungsfonds schnelle Hilfe bieten. Anspruch auf Hilfe gibt es für jeden Monat, der z. B. um mehr als 40 Prozent unter dem durchschnittlichen Vormonatsumsatz liegt. Voraussetzung ist, dass Kurzarbeit beantragt wurde und der Umsatzeinbruch auf die Coronakrise zurückzuführen ist. Die Hilfe erfolgt in Form eines Zuschusses zum nachgewiesenen Umsatzausfall für die coronabedingte Schließzeit bzw. Beeinträchtigung. Berechnungsgrundlage wäre hier die durchschnittliche monatliche Umsatzsteuervorauszahlung des Vorjahres (ohne Berücksichtigung der Vorsteuer). Die Abwicklung kann direkt über die Finanzämter erfolgen, wodurch Mitnahmeeffekte vermieden werden.

Der Rettungsfonds soll auf Betriebe von 0 bis 249 Mitarbeitern beschränkt bleiben. Sofern bereits aus dem Sofortprogramm für kleine Unternehmen und Soloselbstständige oder aus Hilfsprogrammen der Länder Hilfen geleistet wurden, werden diese Beträge angerechnet.

Die Hilfe soll mit Besserungsschein ausgestellt werden. Das heißt: Nach Wiederanlaufen des Geschäftes würde dann das Unternehmens  verpflichtet, über einen Zeitraum von 10 Jahren einen festgelegten Prozentsatz des Gewinns dem Staat zurück zu zahlen.

  • EU-Restrukturierungsrichtlinie schnell umsetzen

Die EU-Restrukturierungsrichtlinie sollte so schnell wie möglich in Bundesrecht umgesetzt werden. Den betroffenen Unternehmen könnten diese neuen Möglichkeiten einer außergerichtlichen Restrukturierung effektiv helfen, handelt es sich doch überwiegend um finanzwirtschaftliche Sanierungen. Zu den neuen Möglichkeiten gehört ein Moratorium, in dem Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung ausgesetzt und bestimmte Rechte zur Leistungsverweigerung und Kündigung nicht geltend zu machen sind. Hierdurch können Unternehmen mit ihren Gläubigern einen Restrukturierungsplan ausarbeiten, der die Interessen des notleidenden Unternehmens und seiner Gläubiger befriedigt. Die Umsetzung ist zwar erst zum Juli 2021 verpflichtend, sie könnte aber gerade in der Krise schon hilfreich sein. Bei der Ausgestaltung sollte man sich an den Beispielen Österreich und Niederlanden orientieren, die die Richtlinie schon jetzt in nationales Recht umsetzen.

  • „Winterschlaf-Verfahren“ als Sonderinsolvenzrecht für krisengeschädigte KMU

Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen soll es ein Sonderinsolvenzverfahren („Winterschlaf-Verfahren“) geben, mit dem die Hürden für den Schritt in eine solche Insolvenz vorübergehend erleichtert werden. Dafür soll es befristet bis 31.12.2021 zwei Wege geben: Zum einen soll eine einstufige Eigenverwaltung (ohne Vorverfahren) bzw. ein Direktzugang zu einem Schutzschirmverfahren eingeführt werden, wenn der Schuldner wegen drohender und coronakrisenbedingter Insolvenz selbst einen Eröffnungsantrag gestellt hat. Damit könnten die Unternehmer unterstützt werden, die am Markt erfolgreich waren und dies nach überwiegender Einschätzung auch wieder werden können. Zum anderen soll der Schuldner in dem Sonderinsolvenzverfahren bis zu zwei Jahre nach der Insolvenz ein besonderesWiederkaufsrecht bekommen, auch in Bezug auf die „Firma“, unter Erhalt rechtsträgerbezogener Erlaubnisse und Genehmigungen, Patente und anderer Schutzrechte. Abgewickelt werden muss dies durch einen unabhängigen Insolvenzverwalter. In beiden Fällen soll nach erfolgreichem Wiederanfahren durch einen Besserungsschein den Gläubigern die Möglichkeit gegeben werden, mindestens einen Teil ihrer Forderungen bedient zu bekommen. 

Zusätzlich soll dieses Sonderinsolvenzverfahren und auch das Regelinsolvenzverfahren schneller, unbürokratischer und kostengünstiger werden, unter anderem durch Digitalisierung der Prozesse: sei es über die Möglichkeiten virtueller Gläubigerversammlungen, sei es durch die Digitalisierung der Insolvenzakten, damit Gläubiger sich jederzeit selbst über den Stand der Verfahren informieren und die Gerichte von Sachstandsanfragen massiv entlasten könnten.

Begründung:

Der Bund und die Länder haben schnell und umfassend auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise reagiert: Mit verschiedenen Rettungspaketen sollten Unternehmen aller Größenklassen und Branchen Brücken gebaut werden, um die Krise zu überstehen Da das Wiederanfahren der Wirtschaft in manchen Branchen länger dauert als ursprünglich gedacht, ist absehbar, dass die bisherigen Hilfen für viele Unternehmen nicht ausreichen und ihre Existenz damit gefährdet ist. Es drohen in manchen Branchen die gesamten mittelständischen Strukturen wegzubrechen mit entsprechenden negativen Folgen für den Arbeitsmarkt, Steuerzahlungen und Sozialabgaben, Verankerung in den Regionen und Angeboten am Markt. Deshalb brauchen wir fünf Komponenten für weitere Unterstützungen:

1. Liquiditätshilfen durch eine bessere steuerliche Berücksichtigung der aktuellen krisenbedingten Verluste. Durch die Verrechnung früherer Gewinne mit aktuellen Verlusten können sich die Unternehmen mit Hilfe rückerstatteter Steuerzahlungen Liquidität verschaffen.

2. Die schnelle Rücknahme der Vorfälligkeit der Sozialabgaben, so dass die Unternehmen noch im Mai sowohl den Liquiditätsvorteil haben als auch langfristig von der Bürokratieerleichterung profitieren.

3. Einen weiteren Rettungsfonds für besonders von der Krise betroffene Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit massiv eingebrochen ist.

4. Eine erleichterte vorinsolvenzliche Restrukturierungsmöglichkeit durch schnelle Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie. 

5. Ein spezielles „Winterschlaf-Verfahren“, mit dem Unternehmer ein erleichtertes Insolvenzverfahren für die Krise bekommen und nach der Krise wieder weiterarbeiten können.