dm-Gründer Götz Werner zu Gast bei der MIT Rhein Neckar

Datum des Artikels 07.04.2017
Basis aktuell

Seit Jahren wird über das „Bedingungslose Grundeinkommen“ in Deutschland diskutiert, die Meinungen, wie und ob das derzeitige Sozialsystem mit einer finanziellen Absicherung für alle abgelöst werden könnte, gehen auseinander. Um die unterschiedlichen Gesichtspunkte dieses Themas in Verbindung mit den Veränderungen in der Arbeitswelt von heute darzustellen, hatten die Mittelstandsvereinigung Rhein-Neckar sowie der CDU Stadtverband Wiesloch in den Audimax der MLP AG, mit Hauptsitz in Wiesloch eingeladen.

Christian Wanner, der Vorsitzenden der MIT Rhein Neckar, begrüßte Götz Werner sowie die Teilnehmer der anschließenden Podiumsdiskussion und mehr als 170 interessierte Besucher. Der Einladung der MIT Rhein-Neckar folgten spannende Gäste aus Wirtschaft und Politik. Als Referent des Einstiegsvortrages, Götz Werner, Gründer der Drogeriemarktkette „dm“, der sich seit vielen Jahre für das bedingungslose Grundeinkommen stark macht. Für die anschließende Podiumsdiskussion waren anwesend Luka Mucic, Finanzvorstand der SAP SE mit Sitz in Walldorf, Daniel Hackenjos, Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung Baden-Württemberg und Unternehmer, Professor Sascha Liebermann von der Alanus Hochschule, Karl Klein, für die CDU im Baden-Württembergischen Landtag, sowie Dr. Jörn Döring Gründer und Geschäftsführer des Software Start ups Detect Value GmbH.

In seinem Einführungsvortrag unterstrich Werner, Einkommen sei die Ermöglichung der Arbeit, nicht die Bezahlung. „Ohne den Menschen könnten unsere Unternehmen und die Wirtschaft nicht existieren, also ist die Wirtschaft für den Menschen da und nicht umgekehrt, wie fälschlicherweise angenommen“, betonte Werner. Es müsse die Frage gestellt werden, ob der Mensch lediglich Mittel zum Zweck sei. Vielmehr schaffe ein Einkommen „ohne Wenn und Aber“ Freiraum für die persönliche Entfaltung, lasse Freiräume für jeden Einzelnen zu und bedeute eben, nicht nur das zu tun, was man soll. Kreativität werde gefördert und vor allem die Möglichkeit eröffnet, mit einer finanziellen Absicherung neue Wege zu gehen, um somit einen wichtigen Beitrag für die gesamte Gesellschaft leisten zu können. Dazu bedürfe es eines Umdenkungsprozesses und nicht eben ein spontan geäußertes Misstrauen, frei nach dem Motto „Bedingungsloses Grundeinkommen führt dazu, dass die Bezieher nicht mehr arbeiten wollen“. Werner, der gewohnt humorvoll das Thema anging, sprach in seiner Rede von Flexibilität, die mit dem Grundeinkommen gewährleistet sei. Und diese sei bei den sich abzeichnenden Veränderungen in vielen Bereichen dringend notwendig. Werner wies auf die steigende Produktivität in der Industrie hin und diese führe zwangsläufig zu einem sinkenden, menschlichen Arbeitseinsatz. In der sich anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Hans-Dieter Siegfried (ehemaliger Vorstandssprecher der Heidelberger Druckmaschinen AG), kamen die unterschiedlichen Bewertungen des „Bedingungslosen Grundeinkommens“ deutlich zur Sprache. Luka Mucic sprach sich für mehr Bildung aus, Karl Klein nannte eine Umsetzung „brandgefährlich“ und zudem könnte dies den Sozialstaat gefährden und auch Daniel Hackenjos äußerte sich eher zurückhaltend und stellte den Leistungsgedanken in den Vordergrund. Hackenjos betonte die Freiwilligkeit und die Wahlfreiheit, mit der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Arbeitswelt zusammen treffen. Professor Liebermann dagegen verwies auf die Grundrechte. „Da ist nicht von Arbeitnehmern die Rede, sondern von Menschen“, betonte er. Man müsse sich von der reinen Erwerbstätigkeit verabschieden und den Bürger mehr in den Focus rücken. „Gerade in kleineren Unternehmen könnte sich die Absicherung über ein Grundeinkommen durchaus positiv auswirken“, so Dr. Jörn Döring aus der Sicht der Erfahrungen im eigenen Unternehmen. Eine Umschulung und Weiterbildungen sei mit der Absicherung leichter umzusetzen und so könne man den sich verändernden Gegebenheiten, die in manchen Branchen „alle paar Wochen“ stattfänden, besser begegnen. In der lebhaft geführten Diskussion war ein Konsens, dies war auch nicht das Ziel des Abends, nicht zu erreichen. Vielmehr ging es darum, die unterschiedlichen Facetten aufzuzeigen und den Besuchern Denkanstöße zu geben. Bei dem anschließenden Empfang hatten die Besucher noch die Gelegenheit, sich mit den Teilnehmern der Podiumsdiskussion zu unterhalten und untereinander weiter zu diskutieren. Fazit: Götz Werner ist ohne Zweifel ein kluger Kopf und eine der führenden Unternehmerpersönlichkeiten die wir in Deutschland haben. Alle von ihm gestellten Fragen und aufgeführten Punkte sind nachvollziehbar und regen Denkprozesse über die Zukunft der Arbeitswelt an. Die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung, Wegfall von gering qualifizierten Arbeitsplätzen und die sinkende Nachfrage nach dem Produktionsfaktor Mensch, werden zu Veränderungen im Steuer- und Sozialsystem führen müssen. Ob allerdings ein bedingungsloses Grundeinkommen Lösung und Antwort auf die Unsicherheiten von morgen ist, muss man skeptisch hinterfragen. Die soziale Marktwirtschaft sieht den Staat als Aufsteller und Wächter der Regeln, die für die Akteure in der freien Wirtschaft gelten. Der Staat soll durch aktive Eingriffe das Marktgeschehen ergänzen und korrigieren (zum Beispiel durch sozialpolitische, konjunkturpolitische oder arbeitsmarktpolitische Maßnahmen), wenn dies im allgemeinen Interesse für notwendig erachtet wird und wo die Märkte an ihre Grenzen stoßen. Eine massive Umwälzung des jetzigen Wirtschaftssystems, in dem der Staat für das Einkommen der Menschen aufkommen soll, erhoben durch Steuern und Abgaben, widerspricht der Maßgabe der Eigenverantwortlichkeit, die beim Mittelstand großgeschrieben wird.