Europa-Kommission diskutierte mit Brexit, CETA und TTIP drei aktuelle EU-Baustellen

Datum des Artikels 14.10.2016
Bund aktuell

Auf Einladung der Vorsitzenden Markus Pieper und Markus Ferber diskutierten die Mitglieder der Kommission Europa wichtige Themen, die gerade die EU-Kommission umtreibt. Referenten der Sitzung waren Dr. Berend Diekmann, Referatsleiter Außenwirtschaft und Handelspolitik für USA, Kanada und Mexiko im BMWi, Kevin Heidenreich, Außenwirtschaftspolitik und –recht, Kevin Heidenreich, verantwortlich für Außenwirtschaftspolitik und –recht beim DIHK sowie Dr. Christian Groß, Referatsleiter Zivilrecht und Justizialrecht sowie Schiedsgerichtsbarkeit und Wirtschaftsmediation beim DIHK.

Nach einleitenden Worten der Kommissionsvorsitzenden zu aktuellen Vorhaben und Themen der EU-Kommission bewertete Berend Diekmann vom Bundeswirtschaftsministerium den Verhandlungsstand von CETA. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada ist ein fertig ausgehandeltes Vertragswerk, das nur noch unterschrieben und ratifiziert werden muss. Diekmann kritisierte, dass CETA aktuell in Geißelhaft mit TTIP genommen werde. Er gab zu bedenken, dass bei Nichtunterschreiben großer außenwirtschaftlicher und –politischer Schaden drohe. Beim Thema TTIP stellte der Referatsleiter klar, dass das BMWi weiter an TTIP festhalte: "Die Äußerung von Wirtschaftsminister Gabriel, dass TTIP 'de facto gescheitert' sei, ist als irreführend interpretiert worden und bezieht sich nur darauf, ein umfassendes Abkommen bis Ende 2016 abschließen zu können." Problematisch für den Abschluss seien die ungewisse Positionierung eines zukünftigen US-Präsidenten sowie anstehende Wahlen in Frankreich und Deutschland in 2017. Außerdem erschwere der beginnende Brexit die Verhandlungen mit den USA. "Durch den Brexit werden sich die Interessenkoordinaten auf beiden Seiten des Atlantiks verschieben", sagte Diekmann.  Zudem würden die USA bis Oktober 2017 wahrscheinlich keinen neuen Freihandelsbeauftragten stellen, sodass Verhandlungsfortschritte nicht zu erwarten seien.

In einem weiteren Referat erörterte Kevin Heidenreich vom DIHK die Verhandlungen über einen Austritt Großbritanniens aus der EU. "Wir stehen erst am Beginn einer Reihe von Verhandlungen. Art. 50, der den Austritt aus der Europäischen Union regelt, wird von Großbritannien erst im März gezogen werden", sagte Heidenreich. Zunächst müsse Großbritannien interne Verhandlungen führen, um eine Verhandlungsposition gegenüber der EU zu finden. Im Moment haben die Befürworter eines „harten“ Brexit die Oberhand. Heidenreich betonte, dass es schwierig werde zu definieren, wie die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen in der Zukunft aussehen sollen. Er skizzierte die nächsten Schritte, die von Großbritannien unternommen werden müssen: 1. Interne Verhandlungen vor der britischen Notifizierung; 2. Austrittsverhandlungen nach Art. 50 EU-Vertrag ; 3. Klärung des britischen Status in der WTO; 4. Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Drittstaaten; 5. Bilaterale Verhandlungen mit Irland, Spanien (Gibraltar) und Frankreich (Calais), um Grenzstatus zu klären.

Dr. Christian Groß vom DIHK thematisierte das von der EU verhandelte Onlinekaufrecht. Die Novelle sieht vor, die Beweislastumkehr von 6 Monaten zu verlängern. Ein neuer Vorschlag sieht 24 Monate vor, was für große Unsicherheit bei Unternehmern sorgt. Ein weiteres Problem sieht Groß bei der Vollharmonisierung der verschiedenen Rechtsordnungen in der EU. Derzeit müssen Verträge in allen Mitgliedsstaaten geprüft werden. Zwar senke eine einheitliche Rechtsordnung in der EU die Bürokratiekosten für Unternehmen. Dennoch bleibe die Sprache das größte Hindernis für grenzüberschreitenden Handel. "Die Verschärfung der Beweislastumkehr hebt das Einsparen der transnationalen Transaktionskosten wieder auf", sagte Groß. Produkte würden sich um 5-10% verteuern. Groß plädierte dafür, dass Mitgliedstaaten die Länge der Gewährleistungsfrist selbst festlegen sollten. Die Vollharmonisierung schieße bei steigendem Verbraucherschutz weit übers Ziel hinaus.