Für ein marktwirtschaftliches EU-Klimapaket

Datum des Artikels 17.11.2021
Beschluss

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion steht zu der epochalen Aufgabe, die weltweiten CO2-Emissionen zu senken, um die Erderwärmung durch den Klimawandel zu begrenzen. Die MIT hält es für richtig und notwendig, dass die Europäische Union bei dieser Aufgabe zu gemeinsamen Lösungskonzepten und Maßnahmen findet. Gegen das nun vorgelegte Klimapaket der EU-Kommission hat die MIT aber gewichtige Vorbehalte, die in den nachfolgenden Thesen dargestellt sind. Die MIT fordert die Bundesregierung und das Europäische Parlament auf, in diesem Sinn auf eine Änderung des EU-Klimapaketes hinzuwirken.

1. Um einer rasch wachsenden Weltbevölkerung bei wirksamem Klimaschutz zugleich einen guten Lebensstandard zu ermöglichen liegt die Lösung in einer umfassenden, wirtschaftlich tragfähigen technologischen Erneuerung. Diese kann nur durch leistungsfähige Hochschulen, Forschungseinrichtungen und forschende und innovative Unternehmen der Wirtschaft in einem technologieoffenen und der sozialen Marktwirtschaft zugewandten Umfeld geleistet werden.

2. Der technologische Wandel ist nur bei einem höchstmöglich effizienten Einsatz der Ressourcen, menschlicher Arbeitskraft, Kapital und Sachmittel wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten. Ohne diese Effizienz, die Wohlstand und Lebensstandard der Menschen erhält, muss jede Klimapolitik scheitern. Deutschland und die Europäische Union brauchen international wettbewerbsfähige Energiepreise. Dafür braucht es günstige Energieproduktions- und Nutzungsbedingungen vor Ort, wettbewerbsfördernde Investitions- und Förderprogramme und Importstrategien für nachhaltige Energieträger wie bunten Wasserstoff. Das Klimapaket der Europäischen Union darf nicht zu einem Programm der Deindustrialisierung Europas werden. Elektrische Energie, Gebäudeheizung und Mobilität müssen für die Haushalte aller Einkommensgruppen erschwinglich bleiben - und zwar ohne laufende staatliche Zuschüsse an die Bürger zu den Energiekosten. Deshalb muss der Wandel marktwirtschaftlich organisiert werden. Und er muss technologieoffen sein. Der Staat soll hier keine exklusiven politischen oder rechtlichen Festlegungen treffen. 

3. Die CO2-Emissionen je Einwohner sind in der Europäischen Union wie auch in Deutschland deutlich höher als in vielen Teilen der Welt (8-8,5t). Ihr Gesamtanteil an den weltweiten CO2-Emissionen ist allerdings so begrenzt (EU+UK 8,7%, Deutschland 2%), dass ein CO2-emissionsfreies Deutschland oder Europa allein den Klimaschutz nicht leisten kann. Der besondere Beitrag Deutschlands und der Europäischen Union muss deshalb vor allem darin bestehen, mit ihren großen wissenschaftlichen, innovativen und industriellen Potentialen weltweit umsetzbare Technologien zu entwickeln, zu praktizieren und zur Verfügung zu stellen. Qualität, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des technologischen Wandels sind deshalb viel wichtiger und nachhaltiger als rechtlich festgesetzte Wunschfristen für das Maß der zu erreichenden Minderung der CO2-Emissionen.

4. Technologische Innovationen sind dann wirtschaftlich und nachhaltig, wenn sie ohne dauerhafte staatliche Subventionen wie z.B. Kaufprämien für E-Autos konkurrenzfähig sind und vergleichbare technische Leistungen garantieren. Dauersubventionen verhindern technischen Fortschritt und überfordern die öffentlichen Finanzen.

5. Das zentrale marktwirtschaftliche Steuerungselement für die Minderung der CO2-Emissionen ist der Handel mit CO2-Zertifikaten, die schrittweise vermindert werden. Da die technologische Umstellung in den verschiedenen Verbrauchsbereichen mit unterschiedlich hohen Investitionskosten und zeitlich machbaren Investitionen erfolgen muss, kann der Handel mit Zertifikaten auch teilweise bereichsspezifisch erfolgen. Der Zertifikatehandel muss EU-weit gestaltet und Gegenstand künftiger Klimaverträge und der internationalen Handelsverträge werden. Äquivalent zum globalen OECD Mindeststeuersatz sollte muss  Europa sich auch global für eine CO2-Preisuntergrenze einsetzen. Ohne eine gemeinsame, ernsthafte internationale Festlegung auf eine Untergrenze sind CO2-Mindestpreise von Nachteil. Aktuell liegt der Preis für eine Tonne CO2 in der EU bei ca. 60€, in China bei rund 7€ und im U.S. amerikanischen Kalifornien bei etwas über 20€. Gemeinsame Mindeststandards können auch hier helfen, gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen.

6. Die MIT lehnt es ab, gesetzlich vorzuschreiben, bis zu welchem Termin fossile Energie- und Wärmetechniken nicht mehr produziert und angeboten werden dürfen, ohne dass alternative Technologien serienreif und wirtschaftlich machbar zur Verfügung stehen. Technologische Entwicklung mit ausreichender Qualität und Wirtschaftlichkeit lässt sich aber nicht planwirtschaftlich per Gesetz zeitlich festlegen.

7. Die MIT lehnt eine CO2-Grenzabgabe für den Handel mit Ländern außerhalb der EU ab. Mit diesem Vorhaben setzt die EU-Kommission voraus, dass mit der Verwirklichung ihres Klimapaketes Europas Wettbewerbsfähigkeit gefährdet ist. Ebendies aber darf die EU-Klimapolitik nicht bewirken. Die Einführung einer CO2-Abgabe muss zwangläufig Gegenmaßnahmen provozieren, die für die EU äußerst schädliche wirtschaftliche Auswirkungen erzeugen und die bisherige internationale Handelspolitik der EU für offene internationale Märkte konterkarieren. Stattdessen muss sich die EU kurzfristig für einen globalen CO2-Mindestpreis einsetzen.