Für verbesserte Versorgungs- und Behandlungsmöglichkeiten von Lipödem-Betroffenen

Aktueller Status:

Der Beschluss wurde mit Bitte

Der Beschluss wurde mit Bitte um Berücksichtigung  an den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden für Gesundheit, Neue Länder, Sport und Ehrenamt, Petitionen der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion, Sepp Müller MdB, an den Vorsitzenden der AG Gesundheit der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge MdB, an die zuständigen Berichterstatter der AG Gesundheit Stephan Pilsinger MdB, Dietrich Monstadt MdB, Erich Irlstorfer MdB, an den gesundheitspolitischen Sprecher der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament, Dr. Peter Liese MdEP, sowie an den Fachreferenten des Konrad-Adenauer-Hauses geschickt.

Datum des Artikels 04.07.2023
Beschluss

In Deutschland leiden rund vier Millionen Betroffene unter einer Lipödem-Erkrankung. Das Lipödem ist eine chronische und nach aktueller Lehrmeinung progrediente Erkrankung, die vorwiegend Frauen betrifft und lediglich in Einzelfallbeschreibungen bei Männern nachgewiesen werden konnte. Schätzungen zur Epidemiologie auf spärlicher Datengrundlage nehmen eine Prävalenz von circa 10 % in der weiblichen Gesamtbevölkerung an. Erste Symptome manifestieren sich häufig in Phasen hormoneller Umstellungen (Pubertät, Schwangerschaft, Menopause). Das klinische Erscheinungsbild ist gekennzeichnet durch eine disproportionale Fettverteilungsstörung zwischen Körperstamm und Extremitäten – unter Aussparung der Hände und Füße.

Die Erkrankten leiden unter teils schweren Schmerzen und vielfältigen Folgeerkrankungen schon in frühen Stadien der Erkrankung, die unbehandelt mit zunehmender Dauer in fast allen Fällen schlimmer werden und zudem sehr häufig mit schweren psychischen Folgeerkrankungen verbunden sind. Neben den psychischen Erkrankungen sind Betroffene oftmals auch in ihrem Alltag und ihrer Arbeitsfähigkeit bedroht und eingeschränkt. Frühe Stadien werden häufig nicht diagnostiziert, da viele Ärztinnen und Ärzte zu wenig für die erst seit rund 20 Jahren bekannte Erkrankung sensibilisiert und entsprechend ausgebildet sind. Die operative Therapie führt zu einer deutlichen Verbesserung des Beschwerdebilds und Förderung der Arbeitsfähigkeit.

Eine aktuelle Umfrage der Lipödem Gesellschaft e.V., in der 1461 betroffene Frauen befragt worden sind, zeigt, dass über 50 % der Frauen sich für die Operationen verschulden mussten. Über 90 % würden sich erneut operieren lassen und bestätigen, dass die Operationen zu einer verbesserten Lebensqualität (95%) beigetragen haben. Bei über der Hälfte der befragten Frauen haben sich darüber hinaus die Arbeitsunfähigkeitstage reduziert und über 800 Frauen antworten, dass sich auch die eigene Berufsfähigkeit durch die Operationen stabilisiert hat.

Zum 8. Februar 2021 startete die sogenannte LIPLEG-Studie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Diese Erprobungsstudie geht der Frage nach, „welchen Nutzen die Liposuktion bei Lipödem im Vergleich zu einer alleinigen konservativen, symptomorientierten Behandlung – insbesondere unter Einsatz der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) – hat“. Die LIPLEG-Studie wurde in der öffentlichen Beratung am 26. September 2022 thematisiert und es wurde von Experten angemerkt, dass im Rahmen der Studie von dem Erfolg konservativer Behandlungsformen wie Lymphdrainagen in frühen Krankheitsstadien ausgegangen werde. Da es sich bei der Lipödem-Erkrankung aber um eine „trockene“ Erkrankung handele, sei diese Form der Behandlung weder ratsam noch erfolgversprechend. Vielmehr müsse das frühzeitige Eingreifen mittels Liposuktion erfolgen, die in frühen Krankheitsstadien einfacher und kostengünstiger durchzuführen sei und mit der in so gut wie allen Fällen eine deutliche Verbesserung der Beschwerden erzielt werden könne.

Weiterhin wurde in der öffentlichen Anhörung nochmals deutlich, dass aus der Sicht der Fachwelt auch die Indikationsstellung einer Überarbeitung bedarf. Die aktuell oftmals angewendete, am Body-Mass-Index (BMI) orientierte Methode sei hinsichtlich der Berücksichtigung von der durch das Lipödem verursachten Masse kritisch zu sehen und lasse Symptome wie Schmerz und damit einhergehenden Funktionseinschränkungen aktuell außer Acht. Hingegen sollte für eine medizinische Indikation für eine Liposuktion das Verhältnis Hüfte zur Taille (Hip-to-Waist) herangezogen werden.

Die Mittelstand- und Wirtschaftsunion fordert:
Die MIT fordert die Bundesregierung dazu auf, Hintergrund der genannten Erkenntnisse sicherzustellen, dass die Liposuktionsbehandlung auch außerhalb der LIPLEG-Studie bei entsprechender Indikationsstellung (in der Regel zumindest für Patientinnen ab dem Krankheitsstadium zu Lasten der Krankenkassen erbracht wird. Weiterhin ist eine Begutachtung durch die Medizinischen Dienste von Fachpersonal mit Fachkenntnissen im Bereich Lipödem oder ein verpflichtendes Zweitmeinungsverfahren ein geeignetes Verfahren, um die Behandlung in qualitätsgesicherten Einrichtungen zu gewährleisten. Auf struktureller Ebene müssen Sensibilisierungsmaßnahmen ergriffen werden, um die Präsenz des Themas Lipödem in der Bevölkerung zu erhöhen. Darüber hinaus sind Maßnahmen zu treffen, um das Selbstmanagement der Patientinnen zu unterstützen, insbesondere im Bereich der Verordnung zertifizierter Ernährungsberatung, der Heil- und Hilfsmittelversorgung und Reha, sowie im Rahmen eines Disease-Management-Programms.