Neuorientierung einer wohnortnahen medizinischen Versorgung

Datum des Artikels 17.11.2021
Beschluss

Die Kommission Gesundheit und Pflege der MIT unterstützt Gesetzesvorhaben, die eine wohnortnahe, intersektorale und transprofessionelle Zusammenarbeit unter dem Dach einer Organisationsform ermöglichen und fordert entsprechende Gesetzesänderungen, die eine landesbezogene Umsetzung erlauben.

Ziel muss es sein, über die ambulant-stationären Sektorengrenzen hinaus weitere freiberufliche, selbstständige und angestellte Tätigkeit mit flexiblen Arbeitsplatz- und -zeitmodellen zu ermöglichen.

Begründung:
Im grundsätzlich gut funktionierenden deutschen Gesundheitswesen gibt es in der momentanen Gesundheitsversorgung viele eigenständige Akteure, die jeweils in eigenen Rechtskreisen mit eigenen Rechtsvorschriften arbeiten müssen. Die Folge sind je nach individueller Patientensituation nicht aufeinander abgestimmte Prozesse, viel redundante Bürokratie und zahlreiche Dokumentationspflichten.

Die bisherige Gesetzeslage ermöglicht eingeschränkte Kooperationsmöglichkeiten. Eine enge kooperative Zusammenarbeit von Selbstständigen und Angestellten verschiedener Professionen und verschiedener Einrichtungen unter einem Dach ist bisher nicht möglich. Dieses gilt es zu verändern.

Die Gesetzeslage sollte daher regionale Versorgungseinheiten als Zusammenschluss mehrerer für das Wohl und die Gesundheit der Menschen einer Region Verantwortlichen zulassen. Dazu gehören im Kern niedergelassene Hausärzte, häusliche Pflegedienste und/oder stationäre Pflegeeinrichtungen und Therapeuten (Physio-, Ergo-, Sprach-). Die Einbindung grundversorgender Fachärzte (auch angestellte), stationärer Einrichtungen und Krankenhäuser, von Apotheken (zugelassen, vor Ort) und andere Anbieter von Gesundheitsleistungen, sowie Kommunen und beispielsweise auch Öffentlichem Gesundheitsdiensten (ÖGD) sollte ebenfalls ermöglicht werden. Durch eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sollte nach Prüfung und Zustimmung durch die jeweilige Landesaufsicht ein Kontrahierungszwang aller Krankenkassen zur Finanzierung solcher Versorgungsformen beitragen.

Ein Modell der Ärztegenossenschaft Nord (äg Nord) hat u.a. als Versorgungsziele: Sicherung einer regionalen Basisversorgung, patientenzentrierte und geführte Versorgung durch alle Heilberufe, Abbau von Sektorengrenzen und Schaffung kooperierender Versorgungsbereiche, flexible Kooperationsmöglichkeiten zwischen Selbstständigkeit und Anstellung mit flexibleren Arbeitszeitmodellen, kooperative Nutzung elektronischer und telemedizinischer Anwendungen, gemeinsames Management der diversen Rechtskreise, Rechtsvorschriften, Bürokratie.

Die Organisation einer solchen regionalen Versorgungseinheit sollte per Rechtsform und Satzung ein gemeinnütziges Handeln und die gleichberechtigte Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe unter einem Dach ermöglichen. Neben eGmbH und Stiftung wurde zum Beispiel das Modell einer Gesundheitsgenossenschaft angedacht.

So sollen professiongebundene Teile (Vorbehaltsaufgaben) der prozessorientierten Patientenbetreuung bei den jeweiligen Akteuren verbleiben und die Autonomie der einzelnen Mitglieder unbedingt erhalten werden, während die Genossenschaft die Mitglieder durch die Übernahme von Managementaufgaben entlastet (Personalmanagement, Organisation der Abläufe und Zusammenarbeit, Qualitätserfassung, Abrechnung, Einkauf, etc.).

Der Vorteil gegenüber anderen, mehr zentralistischen (top down) Ansätzen (anderer Parteien): eine kooperative Zusammenarbeit entwickelt sich aus vorhandenen Versorgungsstrukturen von unten nach oben (bottom up) aus sich heraus und gelingt so auch dezentral.

Es sind jedoch auch alle anderen Gesellschaftsformen in Gemeinnützigkeit denkbar. Hier könnte auch der Mittelstand vor Ort mit Kapital beteiligt werden, um so Facharbeitskräfte auch mit einer besseren Versorgung im ländlichen Raum zu binden.

Der Mittelstand wird innerhalb einer solchen Versorgungsstruktur gestärkt, freiberuflich selbstständige neben angestellter Tätigkeit mit flexiblen Arbeitsplatz- und -zeitmodellen ermöglicht, ohne bestehende Versorgungsstrukturen zu zerschlagen!

Dieses Modell wird vom  GPA (Gesundheitspolitischer Arbeitskreis) der MIT-SH unterstützt und hat im Landesfachausschuss Gesundheit (LFA) der CDU-SH Zustimmung erfahren.