Pflege in Zukunft leistungsfähig und finanzierbar halten

Aktueller Status:

Im Regierungsprogramm von CDU

Im Regierungsprogramm von CDU und CSU wird in Z. 2107 gefordert, Kriterien für ein Standardvorsorgeprodukt festzulegen, das verpflichtend für alle Arbeitnehmer, es ist, es sei denn, sie widersprechen der Einbeziehung (Opt-Out). Außerdem wird in Z. 2379 gefordert, betriebliche Pflegezusatzversicherungen zu stärken und staatlich zu fördern.

Der Beschluss wurde mit Bitte

Der Beschluss wurde mit Bitte um Berücksichtigung  an den Bundesminister für Gesundheit Jens Spahn MdB, an die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karin Maag MdB sowie an den Fachreferenten des Konrad-Adenauer-Hauses geschickt.

Datum des Artikels 26.03.2021
Beschluss

In einer älter werdenden Gesellschaft nimmt die Bedeutung einer guten und verlässlichen Pflege weiterhin zu. Doch dem massiven Anstieg der Pflegebedürftigen, der einhergehende Bedarf an qualifizierten Fachkräften und weitere Leistungsausweitungen kann die gesetzliche Pflegeversicherung allein weder kurz- noch langfristig erfüllen. Die Grenze der Belastbarkeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist erreicht und eine weitere Anhebung der Pflegeversicherungsbeiträge kann deshalb nicht die Lösung sein. Es braucht eine ganzheitliche Pflegereform, die grundlegende Strukturen überarbeitet und zukunftsfest macht.

Für eine leistungsfähige und finanzierbare Pflege fordert die MIT:

  • Haltelinien in der Pflegeversicherung:

Die Politik war in den letzten Jahren geneigt das Leistungsspektrum der gesetzlichen Pflegeversicherung kontinuierlich auszuweiten. Einhergehend stieg der Pflegeversicherungs-beitrag innerhalb eines Jahrzehnts von 2% auf über 3% und könnte bis 2040 auf bis zu 8% ansteigen. Die Überlastung der kommenden Beitragszahlergeneration droht, wenn nicht gesetzgeberische Haltelinien ähnlich beim Rentenversicherungsbeitrag, auch beim Pflegeversicherungsbeitrag festgehalten werden.

  • Demografiefestigkeit:

Der demografische Wandel bleibt für die umlagefinanzierte gesetzliche Pflegeversicherung nicht folgenlos. Auch hier werden zukünftig mehr Pflegebedürftigen weniger Beitragszahler gegenüberstehen. Daher ist es umso wichtiger, dass die Pflegeversicherung in ihrer Grundausrichtung als Teilkasko-Versicherung erhalten bleibt. Leistungsausweitungen, wie bspw. eine Deckelung der pflegebedingten Eigenanteile in stationären Einrichtungen, stehen diesem Grundprinzip entgegen und sind abzulehnen.

  • Investitionskosten:

Der Bedarf an qualitativer und angemessener Pflege nimmt kontinuierlich zu und bedarf neuer Investitionen in den Pflegeeinrichtungen. Diese Investitionskosten tragen zumeist die Pflegebewohner mit ihrem Eigenanteil. Gemäß § 9 SGB XI sind jedoch auch die Länder für eine leistungsfähige und qualitative Pflegeversorgungsstruktur verantwortlich. Damit Qualität und Finanzierbarkeit gewahrt bleiben, müssen auch die Länder ihrer gesetzlichen Verantwortung nachkommen und sich an den Investitionskosten in Pflegeeinrichtungen stärker beteiligen.

  • Private und betriebliche Pflegezusatzversicherungen:

Was in der Altersvorsorge gilt, gilt auch im Pflegefall. Die gesetzlichen Sicherungssysteme können in Zukunft nicht allein zur Sicherung des Lebensstandards ausreichen. Zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung im Alter und zur Stärkung der Eigenvorsorge muss die staatliche Zulagenförderung für das sog. Pflege-Bahr erhöht und dynamisiert werden. Ebenfalls müssen neue Vorsorgeprodukte entwickelt und gefördert werden können. Die MIT spricht sich für eine betriebliche Pflegezusatzversicherung aus, welche staatlich gefördert und mit innovationsfördernder Kapitaldecke geschaffen wird.

  • Tarifpartnerschaft stärken und wahren:

Mehr als die Hälfte der Pflegedienste und Pflegeheime in Deutschland sind privatwirtschaftlich organisiert. Der Mittelstand sichert damit die Versorgung der Pflegebedürftigen in diesem Land. Allerdings verfügen nur wenige Betriebe über einen Haustarifvertrag. Dennoch verbesserte sich die Einkommenssituation der ausgebildeten Pflegefachkräfte seit 2015 um mehr als 17 Prozent und stieg damit so stark, wie in keiner anderen Branche. Das durchschnittliche Bruttoeinkommen einer ausgebildeten Vollzeitkraft liegt bei monatlich 3.200 Euro. Pflegehilfskräfte sind durch den sozialpartnerschaftlich vereinbarten branchenweiten Pflegemindestlohn geschützt. Gute Arbeitsbedingungen erfordern deshalb nicht zwangsläufig eine Tarifbindung, zumal Tarifverträge oft zulasten Dritter geschlossen werden und steigende Kosten den Pflegebedürftigen oder dem Steuerzahler in Rechnung gestellt werden müssen. Von einem Tarifzwang, der gegen das Tarifvertragsgesetz und die verfassungsrechtlich geschützte negative Koalitionsfreiheit verstößt, ist daher abzusehen. Vielmehr sollte die Möglichkeit zu regional angepassten tariflichen Vereinbarungen gegeben sein.

  • Potenzial Digitalisierung:

Die Digitalisierung eröffnet vielfältige Möglichkeiten, die Arbeit des Pflegepersonals zu unterstützen und zu vereinfachen. Dies kann zum Beispiel durch Erleichterungen bei der Pflegedokumentation, der Kommunikation zwischen zu Pflegenden, Pflegern und Ärzten sowie bei der Planung und Koordinierung geschehen. Die Entwicklung digitaler Lösungen, die dauerhaft die Pflege unterstützten, muss noch stärker durch Zuschüsse und Projektförderungen vorangetrieben werden. Langfristig soll die Pflege und nicht die Bürokratie der Hauptbestandteil der Arbeit einer Pflegekraft bleiben. Die MIT spricht sich für eine Verlängerung des im Pflegepersonalstärkungsgesetz geschaffenen Förderprogramms zur Anschaffung digitaler oder technischer Ausrüstung in ambulanten und vollstationären Pflegeeinrichtungen aus.

  • Arbeitskräftebedarf:

Besonders im Gesundheits- und Pflegebereich ist der Fachkräftebedarf langfristig die größte Herausforderung. Perspektivisch werden bis zu 150.000 zusätzliche Stellen bis 2035 in der Pflege benötigt. In den letzten Jahren wurden viele Maßnahmen ergriffen, um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten, Aus- und Weiterbildungen zu fördern und Erwerbsmigration zu erleichtern. Diese Bemühungen werden bei Weitem den Bedarf in Zukunft nicht decken können. Mit der Konzertierten Aktion Pflege wurde ein wichtiger Anstoß gesetzt, welcher weitergedacht und konkretisiert werden muss. Zur Gewinnung neuer Fachkräfte müssen bei der Zuwanderung ausländischer Pflegekräfte die hohen bürokratischen Hürden durch eine behördenübergreifende elektronische Akte zur Erwerbsmigration weiter abgemildert und zu lange dauernden Visa- und Anerkennungsverfahren beschleunigt werden. In diesem Zusammenhang kommt dem Modellprojekt des Bundesministeriums für Gesundheit zur Anerkennung von Berufsabschlüssen in der Pflegebranche und der gezielten Anwerbung von Fachkräften im Ausland eine besondere Bedeutung zu. Das Modellprojekt "welcome center" sollte bei erfolgreicher Arbeit dauerhaft etabliert und ausgerollt werden.