Rechtssicherheit stärken - Steuerliche Betriebsprüfungen beschleunigen

Datum des Artikels 26.03.2021
Beschluss

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) setzt sich dafür ein, die steuerlichen Betriebsprüfungen zu beschleunigen und zu reformieren. Steuerliche Betriebsprüfungen müssen zeitnah, effizient und unbürokratisch erfolgen. Dies stärkt den Standort Deutschland und entlastet die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung.

Begründung:
Steuerliche Betriebsprüfungen dauern in Deutschland nach wie vor zu lange. Auch die „zeit-nahe Betriebsprüfung“, die seit 2012 in der BpO verankert ist, kommt in der Praxis nach wie vor zu wenig zur Anwendung. Dies verursacht für Unternehmen, deren steuerliche Berater und Finanzverwaltung unnötigen Aufwand und bindet erhebliche finanzielle und personelle Kapazitäten. Langjährige Rechtsunsicherheit und hohe Nachzahlungszinsen belasten viele Unternehmen. Ein zu langer Zeitraum zwischen einem steuerlichen Sachverhalt und dessen Überprüfung führt zudem zu ganz praktischen Problemen, wie hohem Archivierungs- und Dokumentationsaufwand. Eine Verbesserung kann somit eine erhebliche Bürokratieentlastung für viele Unternehmen bewirken. Eine nicht abgeschlossene Steuervergangenheit birgt zugleich erhebliche Unsicherheiten für zukünftige Unternehmensentscheidungen. Die Unternehmensentwicklung – gerade in einem dynamischen Umfeld – wird so gehemmt.

Dieser Status quo wird von deutschen Unternehmen zunehmend als Standortnachteil wahr-genommen – vor allem gegenüber Ländern wie Österreich oder den Niederlanden, die mit Modellen einer kontinuierlichen, zeitnahen Prüfung („begleitende Kontrolle“ bzw. „horizontal Monitoring“) praxistaugliche Alternativen zur nachgelagerten Betriebsprüfung anbieten. Es ist daher an der Zeit, auch in Deutschland den Weg für schnellere und effiziente Betriebs-prüfungen frei zu machen.

Zur Beschleunigung von Betriebsprüfungen sollten insbesondere verfahrensrechtliche Re-formen erfolgen. Zu den notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zählen z. B. eine Ver-kürzung der Ablaufhemmung und der Festsetzungsfrist. Auf diese Weise kann die Dauer von Betriebsprüfungen deutlich verkürzt werden. Unternehmen erhalten schneller Rechts- und Planungssicherheit. Zudem sollte Steuerpflichtigen die Möglichkeit einer freiwilligen Vorauszahlung eröffnet werden, wenn aufgrund der Prüfungsfeststellungen die Nachzahlungshöhe in etwa ermittelbar ist. So könnten Zinsnachteile vermieden werden. Außerdem sollte die „zeitnahe Betriebsprüfung“ viel häufiger bei Unternehmen aller Größenklassen angewendet werden. Hierzu sollte den Unternehmen vor allem mit einem Antragsrecht die Möglichkeit eröffnet werden, selbst die Initiative für eine „zeitnahe Betriebsprüfung“ (§ 4a BpO) zu ergreifen. Dies könnte zu einer Steigerung der Fallzahlen führen und im Ergebnis die Verbreitung der „zeitnahen Betriebsprüfung“ erhöhen.

Verbessert werden sollte auch die Prüfungsorganisation, indem die Prozesse schneller und effizienter als bisher geregelt werden. Dies gelingt z. B.  durch die konsequente Bildung von Prüfungsschwerpunkten, durch eine Abkehr von einer Vollprüfung hin zu einer System- und Stichprobenprüfung und durch eine verbesserte Abstimmung zwischen Bundes- und Landesprüfer. Im Sinne eines kooperativen Steuervollzugs dürfen Fehler, die im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgedeckt werden, nicht automatisch an die Bußgeld- und Strafsachenstelle weitergegeben werden. Die aktuelle Praxis stellt die Unternehmen unter einen Generalverdacht und führt dazu, dass die gesetzliche Festsetzungsfrist faktisch unangemessen verlängert wird.

Die positiven Erfahrungen Österreichs mit der „begleitenden Kontrolle“ sind zudem Vorbild für eine grundlegende zukünftige Neuausrichtung der steuerlichen Betriebsprüfungen. Dabei stehen die stärkere Kooperation zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung sowie die Streitvermeidung im Mittelpunkt. Die „begleitende Kontrolle“ sollte als Anknüpfungspunkt für eine ähnliche Regelung in Deutschland dienen. Ausgangspunkt dafür sollte – wie in Österreich – ein Pilotprojekt sein. Unser Land kann auf diese Weise im internationalen Standortwettbewerb punkten und Anschluss an die internationale Entwicklung hin zu „cooperative compliance“ halten.