Sofortprogramm für bessere Bildung im Handwerk

BESCHLUSS DES MIT-BUNDESVORSTANDS VOM 8. JULI 2025

Das deutsche Handwerk beschäftigt 5,6 Mio. Menschen in 1 Mio. Handwerksunternehmen mit 343.000 Auszubildenden. Es erzielte 2023 einen Umsatz von 766 Milliarden Euro. Die deutsche Wirtschaft befindet sich in der längsten Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik. Der Mittelstand ist davon besonders betroffen. Die Bundesregierung muss rasch Maßnahmen ergreifen, kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) fordert:

1. Finanzierung handwerklicher Bildungsstätten verbessern

Um den Investitionsstau in den Bildungsstätten des Handwerks abzubauen, müssen die Haushaltsansätze im Bundeswirtschaftsministerium von 38 Mio. Euro auf 60 Mio. Euro und im Bundesbildungsministerium von 110 Mio. Euro auf 200 Mio. Euro erhöht werden.

Begründung:

Das deutsche Handwerk verfügt über rund 550 Bildungszentren, die von den Handwerkskammern und Fachverbänden betrieben werden. Diese Zentren gewährleisten die überbetriebliche Ausbildung, Weiterbildung und Qualifizierung der Fachkräfte im Handwerk. 


Um den Fachkräftenachwuchs des Handwerks auf dem aktuellen Stand der Technik ausbilden zu können, ist es angesichts der schnellen technischen Entwicklung in der Wirtschaft nötig (PV Anlagen, Solarthermie, speicherprogrammierbare Heizungssysteme, KI usw…) die Ausstattung dieser Bildungsstätten auf dem neuesten Stand der Technik zu halten. Tatsache ist, dass seit vielen Jahren – aufgrund mangelnder staatlicher Kofinanzierung - ein erheblicher Investitionsstau in diesen Bildungsstätten existiert.

Das vorhandene Antragsvolumen beträgt rund 3,8 Milliarden Euro (1,4 Milliarden im Wirtschaftsministerium und 2,4 Milliarden im Bildungsministerium).

Der Grund ist eine chronische Unterfinanzierung dieses Bereiches. Der jeweilige Haushaltsansatz beträgt im Wirtschaftsministerium ca. 38 Mio. EUR und Im Bildungsministerium von ca.110 Mio EUR. Eine dringende Erste-Hilfe Maßnahme wäre die Aufstockung der HH Ansätze auf jeweils 60 Mio EUR bzw 200 Mio EUR in den beiden genannten Ministerien.
Im Hinblick auf die oft beschworene Gleichwertigkeit zwischen schulischer und beruflicher Bildung ist interessant zu wissen, dass 2019 unter der seinerzeitige Bundesbildungsministerin Karlicek nach Zustimmung der Länderwissenschaftminsitern für die deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen bis 2030 eine Finanzierung i.H.v. mehr als 160 Milliarden EUR vereinbart wurde.

Ähnlich verhält es sich mit der Finanzierung der sogenannten Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung ÜLU in diesen Bildungszentren: Die sogenannte Drittelfinanzierung (Bund, Land, Betriebe) ist ebenfalls unterfinanziert:
Der aktuelle Haushaltsansatz im Bund beträgt 70 Mio. Dies entspricht ca. 24% der Kosten. Um auf die festgelegte Drittelfinanzierung zu kommen, muss der jährliche Haushaltsansatz auf 100 Mio. jährlich erhöht werden.

• vgl. KoalVertrag Zeile 347-350; 2369-2376;
• Grundlage: BuVo Beschluss 28.1.2025 Handwerk Im Fokus: Fundament des Mittelstands stärken

2. Verpflichtende Berufsorientierung bundesweit einführen

Gemeinsam mit den Bundesländern muss die Bundesregierung eine verpflichtende Berufsorientierung an allen allgemeinbildenden Schulen anstreben, so wie dies in Bayern und Thüringen bereits verpflichtend der Fall ist. Dadurch kann eine umfassende Information von Jugendlichen über die Möglichkeiten einer beruflichen Bildung sichergestellt werden.

Begründung:

Die Fachkräftelücke im deutschen Handwerk ist gravierend und wächst tendenziell weiter an. Aktuell fehlen im deutschen Handwerk rund 250.000 Fachkräfte, ohne die weder eine Energiewende noch eine Wende auf dem Wohnungsmarkt möglich ist. 
Zum Vergleich: Im Jahr 2000 gab es im deutschen Handwerk rund 598.000 Auszubildende. Im Jahr 2024 gab es im deutschen Handwerk gerade einmal rund 342.000 Auszubildende .

Bemerkenswert ist die kontinuierliche Steigerung der Anzahl der Studierenden in Deutschland in den letzten Jahrzehnten. Waren es im Jahr 2000 noch 1,9 Millionen Studenten, so stieg deren Zahl um über 1,1 Mio Personen bzw. 63,6 %  im Wintersemester 2020/21 auf fast 3 Millionen Personen. 

Gleichzeitig ist die Zahl der Studiengänge an deutschen Hochschulen von etwa 6.000 im Jahr 2000 auf 22.143 im Wintersemester 2024/2025 gestiegen. Das entspricht mehr als einer Verdreifachung innerhalb von 24 Jahren. 

Weitgehend unbekannt an den Schulen ist nämlich, dass alleine im Bereich der HWKs und IHKs insgesamt nahezu 400 berufliche Ausbildungsgänge existieren.

• vgl. KoalVertrag Zeile 2360-2368;
• Grundlage: BuVo Beschluss 28.1.2025 Handwerk Im Fokus: Fundament des Mittelstands Stärken

3. Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung stärker fördern

Die Bildungszentren des Deutschen Handwerks benötigen eine Erhöhung der Förderung von 70 Mio. auf 100 Mio., damit der Bund seiner Verpflichtung einer 1/3-Finanzierung erfüllt.

Begründung:

Bei der ÜLU handelt es sich um eine wichtigen in § 5 des Berufsbildungsgesetzes und § 26der Handwerksordnung Teil der dualen Ausbildung in Deutschland. Diese Ausbildung wird in speziellen Berufsbildungszentren (mehr als 500 in Deutschland) des Deutschen Handwerks erbracht. Dabei werden die Auszubildenden in den Ausbildungsteilen ihres umfangreichen Berufsbildes ausgebildet, die einzelne Betriebe nicht selbst erbringen können. Die überbetriebliche Ausbildung ist als Teil der betrieblichen Ausbildungsphasen fest im Dualen Ausbildungssystem der deutschen Berufsbildung verankert. §5 des Berufsbildungsgesetzes und §26 der Handwerksordnung sehen vor, dass „Teile der Berufsausbildung in geeigneten Einrichtungen außerhalb der Ausbildungsstätten durchgeführt werden, wenn und soweit es die Berufsausbildung erfordert“. Die Finanzierung erfolgt normalerweise im 1/3-Verfahren: 1/3 der Kosten trägt der Bund, 1/3 das jeweilige Bundesland und 1/3 der entsprechende Bildungsträger (Handwerkskammer usw..). Derzeit fördert der Bund mit 70 Mio. allerdings nur rund 24 Prozent der Kosten. Aufgrund vorgesehenen Komplementärfinanzierung führt das dazu, dass auch die Bundesländer lediglich 24 Prozent finanzieren dürfen. Damit müssen die Unternehmen für einen deutlich höheren Anteil der Kosten aufkommen.