Wärmewende ideologiefrei gestalten [MIT-Präsidium]

Aktueller Status:

Der Beschluss wurde mit Bitte

Der Beschluss wurde mit Bitte um Berücksichtigung an den Fraktionsvize der Jens Spahn der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion für Wirtschaft, Klima und Energie, Mittelstand und Tourismus, Jens Spahn MdB, an den Vorsitzenden der AG Klimaschutz und Energie, Dr. Andreas Jung MdB, an den Fachsprecher Mark Helfrich MdB, an den Fachreferenten des Konrad-Adenauer-Hauses sowie an einen Fachverteiler geschickt.

Datum des Artikels 08.06.2023

Die Wärmewende geht nur mit den Menschen nicht gegen sie. Der Heizungsverbotsplan der Ampel richtet sich aber gegen Eigentümer und Mieter. Das Gebäudeenergiegesetz geht völlig an der Realität vorbei: es gibt zu wenige Wärmepumpen und Installateure. Strom ist so teuer wie nie zuvor. Eigentümer schlecht gedämmter Gebäude stehen vor großen Belastungen. Die Finanzierung wird zum teilweise unüberwindlichen Kraftakt. Gleichzeitig gibt es heute schon installierte Wärmepumpen, die wegen fehlender Netzkapazitäten nicht in Betrieb genommen werden können.

Während ein neuer Gasbrenner ca. 10.000 EUR kostet, belaufen sich die Kosten bei einer Wärmepumpe auf 25.000 bis 30.000 EUR. Eine in vielen Gebäuden notwendige Fußbodenheizung ist da noch gar nicht eingerechnet, ebenso wenig wie eine mögliche Sanierung der Gebäudehülle. Viele Arbeitnehmer können sich solche Investitionssummen kaum leisten. Viele Rentner würden dafür nicht einmal einen Kredit erhalten. Kleine und mittlere Unternehmen stehen vor der Herausforderung, zusätzliche Investitionskosten zu stemmen. Und insbesondere viele Selbständige und Freiberufler fürchten um ihre Ersparnisse als zentrale Säule ihrer Altersvorsorge.
Gleichzeitig ist dem Klima mit diesen Maßnahmen angesichts des aktuellen Strommixes mittelfristig nicht gedient – insbesondere seit dem Ausstieg aus der Kernenergie. Wer keine eigene PV-Anlage besitzt, muss den Strom für die Wärmepumpe aus dem Netz beziehen. Bei erhöhter Leistungsnachfrage (z.B. an kalten Wintertagen) und gleichzeitiger Dunkelflaute sind Wärmepumpen alles andere als klimafreundlich: dann kommen Kohle- und Gasstrom zum Einsatz. Der CO2-Ausstoß in Deutschland steigt nach dem Ausstieg aus der Kernenergie wieder: seit 2020 um 18 Prozent.
Damit die Wärmewende gelingt und der Gebäudesektor sein Klimaschutzpotenzial entfalten kann, müssen marktwirtschaftliche Prinzipien zur Anwendung kommen. Ansonsten wird die Energiewende teuer, ineffizient und von der Bevölkerung nicht akzeptiert. Dies betonen aktuell auch Stimmen aus der Wissenschaft.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion fordert:
1. Emissionshandel als Leitinstrument für Klimaschutz stärken
Die Priorität der Klimapolitik sollte der Ausbau des europäischen Emissionshandels (ETS) zu einem einheitlichen, transparenten, langfristig tragfähigen und alle Emissionen umfassenden Steuerungsrahmen sein.

CO2 muss weltweit sektorenübergreifend ein Preisschild bekommen - unabhängig davon, wo die Emissionen entstehen. Wer mehr CO2 emittiert, zahlt mehr. Wer weniger emittiert, spart. Auch negative Emissionen können so honoriert werden.  Klimaschädliches Verhalten erhält einen Preis, der sich am Markt bildet. Mit diesem Ziel hatte Deutschland bereits mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vom 12. Dezember 2019 für die Sektoren Gebäude und Verkehr einen Zertifikatehandel eingeführt.

Der Emissionshandel wirkt. Dort, wo er schon gilt, sind die Einsparungen nicht nur planbar, sondern auch spürbar gesunken- und zwar präzise im klimapolitisch vorher festgesetzten Ausmaß. Deshalb ist es richtig, dass die Europäische Union ab 2027 einen Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Verkehr implementiert.

Durch die Verknappung von Zertifikaten entfaltet der Preis seine Lenkungswirkung. Nicht Verbote, sondern die steigenden Preise für fossile Energien würden die Nachfrage nach klimafreundlicheren Heizungen vorantreiben.

Deshalb muss der Emissionshandel ab Anfang 2025 auf alle Sektoren in Deutschland vorgezogen und in das bestehende ETS integriert werden - verbunden mit einer Informationskampagne, die Verbraucher über die absehbar steigenden Kosten von fossilen Brennstoffen und möglichen Optionen informiert. Dafür kann auf das Gebäudeenergie-Gesetz verzichtet werden. Gleichzeitig muss der Druck verstärkt werden, einen globalen Emissionshandel zu etablieren, der alle CO2-Emissionen abdeckt.

2. Technologieoffenheit für Wärmeversorgung und -wende
Die Erfahrung zeigt: es gibt keine Allheilmittel. Nur Technologieoffenheit wahrt Chancen, die heute noch nicht absehbar sind. Auch Wärmepumpen sind nicht alternativlos. Entscheidend ist, welche Technologie im Gebäude zu einer effizienten Lösung beiträgt. Bei einer einseitigen Festlegung droht ein Risiko im Wärmesektor zu entstehen. Technologische Festlegungen reduzieren Lösungsoptionen. Wesentlich ist, den Rahmen zu bestimmen, damit alle CO2-armen Technologien zum Zuge kommen und ihr Potenzial entfalten können. Dazu gehören neben Biomasse wie Biogas, Holz und Holzpellets Wasserkraft, Geothermie, Wind- und Sonnenenergie, Wasserstoff und Wasserstoffderivate. Die Ende 2021 und im April 2023 abgeschalteten Kernkraftwerke müssen schnellstmöglich wieder an das Netz. Auch Gasverteilnetze sollten bei der kommunalen Wärmeplanung Berücksichtigung finden.

3. Potentiale der Geothermie nutzen
Unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte und der notwendigen Akzeptanz der Bevölkerung vor Ort müssen die Potenziale der oberflächennahen sowie der tiefen Geothermie genutzt werden. Die tiefe Geothermie könnte ein Viertel des aktuellen deutschen Gesamtwärmebedarfs bedienen. Dazu gehören insbesondere klar definierte Ausbauziele, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie Maßnahmen für die Erhöhung der Akzeptanz in der Bevölkerung.

4. Netzdienlicher Ausbau der Erneuerbaren Energien
Für den Ausbau der Erneuerbaren Energien muss der Turbo eingelegt werden. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt, Klagewege verkürzt und Bürokratie abgebaut werden. Zur Abdeckung größerer Stromlasten müssen die bestehenden Stromverteilnetze ausgebaut werden. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss das Energiesystem stützen.

5. Energieeffizienz bei Sanierung und Neubau
In Deutschland sind rund 64 % aller Wohngebäude vor 1979 gebaut worden. Sie verbrauchen am meisten Energie. Deutschland braucht wieder eine unbürokratische Förderung wie KfW 40 plus. Ansonsten wird dem Klima ein Bärendienst erwiesen. Stattdessen müssen für eine beschleunigte Sanierungstätigkeit die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), einschließlich der KfW- und der BAFA-Förderungen, für die Gebäudesanierung wieder erhöht werden, um somit Anreize für energetische Sanierungen zu schaffen.

6. Gesetze an Wärmewende anpassen
Im Mietrechts-, Wohnungseigentums- und Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz müssen Änderungen vorgenommen werden, um erforderliche Maßnahmen leichter umsetzen zu können. Für Vermieter bestehender Gebäude müssen energetische Maßnahmen für einen Zeitraum von vier Jahren von der Begrenzung auf 15 Prozent der anschaffungsnahen Herstellungskosten ausgenommen und zum steuerlichen Abzug zugelassen werden. Gleichzeitig müssen energetische Maßnahmen von der Einordnung als nachträgliche Herstellungskosten ausgenommen und sofort zum Abzug zugelassen werden.

7. Kommunale Wärmeplanung priorisieren
Die kommunale Wärmeplanung muss abgeschlossen sein, bevor Vorgaben für das Heizen in Immobilien gesetzlich fixiert werden.  Solange nicht klar ist, welche Gebäude an das Fernwärmenetz angeschlossen werden können, fehlt Planungssicherheit für das Umrüsten auf CO2-arme Heizungen.

8. Wärmewende sozial gerecht gestalten
Bis zu 80 Prozent der Bürger lehnen das geplante Gebäudeenergiegesetz mit der weitgehenden Festlegung von Wärmepumpen ab. Daher ist es klüger, dass die Bürger anhand der Marktbedingungen selbst entscheiden, wann für sie der individuell beste Moment ist, um in klimaschonende Heiztechnik zu investieren. Der CO2-Preis ist der einzige marktwirtschaftliche Anreiz, um CO2 einzusparen. Um die Klimaziele sicher und effizient zu erreichen, sollen die CO2-Staatseinnahmen an die Bürger in Form eines Klimageldes zurückgegeben werden. Wer CO2 spart, bekommt am Ende mehr Geld als er durch den CO2-Preis bezahlt. Das setzt Anreize, CO2 zu sparen und ist sozial gerecht.