Zukunft der Pflege - konkret und zielgerichtet stärken

Aktueller Status:

Der Beschluss wurde mit Bitte

Der Beschluss wurde mit Bitte um Berücksichtigung  an den Bundesminister für Gesundheit Jens Spahn MdB, an die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karin Maag MdB, an den Fachreferenten des Konrad-Adenauer-Hauses sowie an den gesundheitspolitischen Sprecher der EVP, Peter Liese MdEP, geschickt.

Im Regierungsprogramm von CDU

Im Regierungsprogramm von CDU und CSU wird in Z. 1308 gefordert, auf gute berufliche Ausbildung sowie den gesteuerten Zuzug gut ausgebildeter und leistungsbereiter Menschen aus den Mitgliedstaaten der EU und aus außereuropäischen Staaten zu setzen.

Datum des Artikels 25.06.2021
Beschluss

Hintergrund:
Die Situation der Pflege in Deutschland bleibt dramatisch: Der Pflegenotstand hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschärft und wird sich weiter verschärfen. Von derzeit ca. 3,5 Millionen wird die Zahl pflegebedürftiger Menschen bis 2050 auf ca. 5,3 Millionen anwachsen. Insgesamt leben derzeit ca. 11 Mio. Menschen mit Polymedikation in Deutschland, davon sind rund 7 Mio. älter als 65 Jahre und leben zu Hause. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) sind derzeit ca. 36.000 Stellen in der Pflege unbesetzt: Auf 100 offene Stellen kommen derzeit lediglich 21 Bewerbungen. Der Pflegenotstand hat viele Gründe; betroffen sind Krankenhäuser, sowie die ambulante und stationäre Pflege.

In Umsetzung des Koalitionsvertrages hat das Bundesministerium für Gesundheit verschiedene Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung und -sicherung auf den Weg gebracht. Diese Maßnahmen zeigen erste Erfolge. Doch in der Folge der hohen Belastung des medizinischen und des Pflegepersonals im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zeigen sich auch gegenläufige Trends. Hinzukommt, dass diese negativen Entwicklungen nicht nur Deutschland sondern alle EU-Mitgliedstaaten betreffen. So wandern gut ausgebildete Pflegekräfte oft ins Ausland ab. Gründe hierfür sind u.a. eine geringere Belastung, mehr Sorgezeit für die zu Pflegenden, eine höhere gesellschaftliche Anerkennung sowie höhere Gehälter.

Lösungsansätze
Die Corona-Pandemie zeigt deutlich, wie wichtig qualifizierte und motivierte Fachkräfte für unser Gesundheitssystem und die davon abhängigen Menschen sind. Bei der Lösung der Probleme setzen wir als MIT auf die Kraft, die Verantwortung und die Energie der sozialen Marktwirtschaft. Denn der Markt reagiert oft schneller und lösungsorientierter als staatliche Einrichtungen, da er aus der Praxis heraus den Umfang und das Ausmaß des konkreten Bedarfs einschätzen kann.

Dabei ist die Frage der Bezahlung und Finanzierung der Pflege bei weitem nicht der einzige Ansatzpunkt für konkrete Lösungen. Hierzu hat sich der MIT-Bundesvorstand mit seinem Beschluss „Pflege in Zukunft leistungsfähig und finanzierbar halten“ vom 26. März 2021 bereit positioniert. Der Bundestag hat eine weitergehende Pflegereform im Rahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) am 11. Juni 2021 beschlossen.

Weitere konkrete Lösungsoptionen betreffen die Fachkräftegewinnung und -sicherung, die Berufsbildschärfung sowie Prozessoptimierung z.B. mittels Digitalisierung, die bessere Strukturierung der Pflegedienste sowie eine bessere und strukturiertere Interessenvertretung der Pflegeberufsangehörigen auch auf Bundesebene.

Fachkräftegewinnung
Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip soll sich der Staat auf dringend notwendige Regelungen beschränken, die die Fachkräftegewinnung gerade auch in Drittstatten entbürokratisieren und professionalisieren. So gilt es einheitliche Regelungen für die Anwerbung von Fachkräften und die Auswahlkriterien der Fachkräfte nach sozialen Qualifikationen zu finden; gute Kenntnisse der deutschen Sprache (mindestens Niveau B2) sollten Grundvoraussetzung für einen Arbeitsbeginn in Deutschland sein. Die Kosten der Bewerbung sollten grundsätzlich nicht auf die Bewerberinnen und Bewerber abgewälzt werden. Die MIT spricht sich zudem für eine klare Aufgabenbeschreibung für die Bundesagentur für Arbeit (BfA) im Sinne der Bereitstellung von Fördermaßnahmen aus. Die operative Durchführung der Rekrutierung soll (mittelständischen) Unternehmerinnen und Unternehmern überlassen werden.

Fachkräftesicherung
Grundgedanken für eine erfolgreiche Fachkräftesicherung betreffen zunächst die Verbesserung der Ausbildung mittels Akademisierung, denn der Pflegeberuf ist in fast allen Ländern außerhalb des deutschsprachigen Raumes als Studium, analog dem Modell des dualen Studiums in Deutschland, mit einem Bachelor-Abschluss organisiert. Auch in deutschen Krankenhäusern erfordern die zunehmend komplexen Behandlungsbilder entscheidungskompetente, selbstständig agierende Pflegekräfte, die ihr Wissen nicht nur einmal erworben haben, sondern flächendeckend evidenzbasiert im Wege der Fort- und Weiterbildung qualitativ weiterentwickeln. Daher gilt es auch, die in Deutschland bestehende Forschungslücke zwischen Pflege und Medizin Schritt für Schritt zu schließen. Hierzu sollen auch Pflegekammern in den Bundesländern als Ansprechpartner für Fortbildung, die Entwicklung von Berufsrecht und fachliche Standards und damit die Qualität gegründet werden. Auf Bundesebene soll die in Gründung befindliche Bundespflegekammer die Politik und die Gremien der Selbstverwaltung in allen pflegeberuflichen Fragen beraten.

Berufsausübung und Digitalisierung
Die größten Ressourcen zur Gestaltung eines attraktiven Berufsbildes liegen in der Digitalisierung und im Bürokratieabbau. Dazu sollte die Verknüpfung digitaler und analoger Prozess gefördert werden. Die Medienbrüche zwischen den Markteilnehmern GKV, niedergelassene Ärzte, Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste, die vorrangig mit Fax arbeiten, erscheinen anachronistisch. Ein Beispiel: Manuelle Tätigkeiten wie ärztliche Verschreibung, Medikamentenmanagement, Medikamentenvorrichten, sowie die Überwachung der Einnahme vor Ort kosten sehr viel Zeit und sind fehleranfällig. Daher spricht sich die MIT für die Digitalisierung von Prozessen aus, auch in der Medikation etwa durch die Entwicklung und Förderung von Gesamtmedikationsplänen sowie die digitalen Versendung dieser Pläne an die zuständigen Blisterzentren. Die Gesamt-Medikationspläne sollen auch über datengesicherte Cloud-Lösungen zugängig gemacht werden. Die korrekte Einnahme der Medikamente kann zukünftig zudem direkt über einen automatischen elektronischen Medikamentendispenser zuhause beim zu Pflegenden erfolgen, die Kontrolle erfolgt via App, die den Pflegedienst automatisch bei Nichteinnahme informiert.

Auf diesem Wege kann eine Personalressourcen-Ersparnis beim Pflegedienst erreicht und die so freiwerdenden Personalressourcen sinnvoll und Patienten-nah eingesetzt werden. Ein weiterer Vorteil wäre ein fehlerfreies Medikamente-Vorrichten sowie eine hohe Medikamenten-Adhärenz. Auf diese Weise könnten im Gesundheitssystem bis zu 11 Mrd. EUR eingespart und so vor allem der chronischen Unterfinanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) entgegengewirkt werden.

Finanzierung
Laut statistischen Bundesamt ist der Bruttoverdienst von Fachkräften in Altenheimen zwischen 2010 und 2020 um rund ein Drittel gestiegen, in Pflegeheimen betrug die Zunahme laut den Statistiken gar knapp 40 % und war damit deutlich stärker als in der Gesamtwirtschaft, wo die Löhne im gleichen Zeitraum nur um gut 20 % zulegten.

Parallel zeigt die Bereitschaft der Unternehmen, für Fachkräfte auf der Intensivstation bis zu 15.000 EUR im Monat im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung zu bezahlen, wie groß die Personalnot ist.

Eine Pflegefachkraft, die bei einem Unternehmen für Zeitarbeit tätig ist, kann schon jetzt bis zu 5000 EUR im Monat zzgl. Sonderleistungen verdienen. Diese Gehaltsentwicklung muss von der GKV finanziert werden. Die Politik muss fordern, reale Marktpreise zu bezahlen. Dazu gehört auch die Übernahme von Kosten für die Personalgewinnung und die Weiterbildung (Sprachkurse, Fachweiterbildungen etc.) die, insbesondere in Krankenhäusern, den Pflegekosten zugeordnet werden müssen.

Gleichzeitig müssen die Länder ihre Verantwortung im Rahmen der Investitionskostenfinanzierung wahrnehmen, damit die es weniger Anreize in den Krankenhäusern gibt, über Leistungsausweitung die Kosten zu decken und damit der GKV zulasten zu legen.