Pro und Contra: Schränken die Corona-Maßnahmen die Freiheit zu sehr ein?

Datum des Artikels 08.12.2020
MittelstandsMagazin

Mit der zweiten Coronawelle haben Bund und Länder wieder umfassende Einschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen. Neben Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen gelten Veranstaltungsverbote, Sperrstunden und viele weitere harte Maßnahmen, die die individuellen Freiheitsrechte des Einzelnen beschneiden. Sind die Restriktionen zu hart? Oder sind sie unverzichtbar zum Schutz der Bürger und zur Eindämmung der Pandemie?

Pro: Langfrist-Lösung statt Lockdown

März 2020: Es zeichnet sich immer stärker ab, dass sich das Coronavirus auch in Deutschland ausbreitet. Ebenso wie in anderen europäischen Staaten ergreift unser Land rigide Maßnahmen und leitet einen einschneidenden Lockdown ein: Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen werden beschlossen, die Wirtschaft wird massiv heruntergefahren.
November 2020: Die befürchtete zweite Welle ist da! Erneut kämpft Deutschland mit steigenden Infektionszahlen. Wie im Frühjahr setzt unser Land auf die Einschränkung von Grundrechten und die Schließung von Betrieben.
Viele Mittelständler fragen sich zu Recht: Überlebt meine Firma einen weiteren Lockdown? Soll es jedes Mal bei steigenden Infektionszahlen zu solch rigiden Beschlüssen kommen, die zu enormen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kollateralschäden führen? Auf diese Fragen langfristige Antworten zu finden, ist dringender denn je. Seit dem ersten Lockdown haben wir viel über das Virus gelernt und könnten nun mithilfe der neugewonnenen Erkenntnisse zielgerichtet Maßnahmen ergreifen. Ein Beispiel: Viele Unternehmen haben funktionierende Hygienekonzepte entwickelt und mit großem finanziellem Aufwand umgesetzt. Anstatt diese Betriebe pauschal zu schließen, sollte der Fokus darauf liegen, konsequenter gegen diejenigen vorzugehen, die Abstands- und Hygieneregeln nicht einhalten und Superspreader-Events veranstalten.

Auf Dauer lassen sich Corona-Hilfsprogramme, so wichtig sie sind, nicht finanzieren. Jeder weitere Lockdown bedeutet, dass wir zukünftigen Generationen weitere Schuldenberge aufbürden und diese damit weniger Handlungsspielräume haben. Anstelle von pauschalen Lockdowns sollten intelligente, technologische Lösungen wie Belüftungssysteme zum Zuge kommen. Zudem müssen wir die Digitalisierung der Gesundheitsämter noch stärker vorantreiben. Datenschutz darf nicht über der Gesundheit, dem Recht auf Bildung und Berufsausübung oder über Freiheitsrechten stehen. Die Corona-App sollte so weiterentwickelt werden, dass Gesundheitsämter Echtzeitdaten sicher verwenden können, damit der Verbreitung des Virus effektiv entgegengewirkt wird. Taiwan, Japan und Südkorea machen vor, wie man in den 2020er Jahren eine Pandemie in den Griff bekommt. Anstatt mit Methoden aus dem Mittelalter sollten wir die digitalen Möglichkeiten der 2020er Jahre nutzen!

Christoph Ploß (35) ist Landesvorsitzender der CDU Hamburg. Der Bundestagsabgeordnete und promovierte Historiker gehört als Co-Vorsitzender der Verkehrskommission dem MIT-Bundesvorstand an. 


Contra: Freiheit hat Grenzen

Die Corona-Pandemie stellt die globale Gemeinschaft vor bisher unbekannte Herausforderungen. Die Ausbreitung des Corona-Virus konnte bisher deutlich verlangsamt werden, mit der Folge, dass die Versorgung erkrankter Bürger zu keinem Zeitpunkt ernsthaft gefährdet war. Das gelang nur aufgrund einer gewaltigen Kraftanstrengung, die von allen gesellschaftlichen Gruppen erhebliche Opfer einforderte, und weil sich der Großteil der Bürger verantwortungsvoll an die geltenden Regelungen gehalten hat.
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie die Freiheitsrechte in unserer Verfassung sind zentrale Grundrechte. Diese aufgrund der Pandemie einzuschränken, mag einer enormen Strapazierung gleichkommen. Der Gedanke der Freiheit bedeutet im Sinne unserer Verfassung aber nicht, einfach tun und lassen zu können, was man will, sondern die Freiheit bildet die Grundlage, dass wir die besten Entscheidungen für uns und andere treffen können. Die Freiheit des  Einzelnen muss immer dort seine Grenzen finden, wo es um den Schutz der Schwächeren geht.

Auch für Unternehmer stellt jeder COVID-19-Fall ein Risiko dar. Bei größerem Infektionsgeschehen müssen ganze Abteilungen oder Standorte in Quarantäne. Insbesondere jetzt, wo die Zahlen der Neuinfektionen deutlich steigen, kommt es auf jeden Einzelnen an, mit Disziplin und Eigenverantwortung weiterhin die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. Nach Ansicht der Gesellschaft für Virologie ist von einer anhaltenden Gefährdung zu sprechen, da sich das Virus vermehrt in der Fläche verbreitet und die Infektionszahlen in der kälteren Jahreszeit weiter zunehmen werden. Angesichts der enormen Einschränkungen für unsere Wirtschaft hat Deutschland im März das größte Hilfspaket in der Geschichte der Bundesrepublik verabschiedet und weitere Nachbesserungen im Mai und November vorgenommen. Die Bundesregierung und besonders Wirtschaftsminister Peter Altmaier unterstützen Bürger und unsere Wirtschaft dabei, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Insbesondere Mittelständlern sowie Soloselbstständigen und Freiberuflern soll mit den „Überbrückungshilfen“ unbürokratisch Zugang zum Abruf der finanziellen Unterstützung ermöglicht werden. Ziel aller Maßnahmen bleibt es, besonders in den kritischen Herbst- und Wintermonaten die Infektionsdynamik unter Kontrolle zu halten.

Uwe Feiler (55) ist parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Finanzwirt ist Landesvorsitzender der MIT Brandenburg.