Begründung:
Wer heute eine Baugenehmigung, Betriebserlaubnis oder Anzeige nach Umweltrecht stellen möchte, erlebt Prozesse, die meist weder digital, noch klar strukturiert oder verlässlich organisiert sind. Im Mittelstand fehlen oftmals die personellen Kapazitäten, um aufwendig gestaltete analoge Verfahren zu begleiten oder Rückfragen über Wochen hinweg abzuarbeiten. Medienbrüche, Wartezeiten und fehlende Transparenzen binden Ressourcen, die andernorts produktiv genutzt würden. Genehmigungsverfahren sind auch Standortfaktor, Investitionsanreiz und Wettbewerbsgrundlage. Zumindest dann, wenn sie zeitgemäß und niederschwellig angelegt sind. Gerade auch des halb ist es unverhältnismäßig, dass sie bis heute weder bundeseinheitlich digitalisiert noch mit klaren und verbindlichen Bearbeitungsfristen versehen sind. In einem föderalen Staat mag es Unterschiede geben. Aber kein Unternehmen kann sich Verfahrensunklarheit leisten, bloß weil es in unterschiedlichen Bundesländern produziert. Der Staat hat sich mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG), der Registermodernisierung und dem Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung bereits zu digitaler Entbürokratisierung bekannt. Doch was auf dem Papier steht, funktioniert in der Praxis bisher nicht. Die Prozesse verlaufen oft stückweise und lückenhaft, Pilotlösungen bleiben isoliert, Schnittstellen fehlen und ein rechtsverbindlicher Digitalstatus für Verfahren existiert nicht. Die Einführung einer verbindlichen Genehmigungsfiktion ist in diesem Zusammenhang keine Sanktionierung von Behörden, sondern ein notwendiger Gleichgewichtsausgleich. Wer gesetzlich verpflichtet wird, Anträge digital einzureichen, muss im Gegenzug darauf vertrauen können, dass Behörden sich ebenfalls an digitale Fristen und Standards halten. Die Genehmigungsfiktion stärkt dabei nicht nur den Rechtsfrieden, sondern erzeugt den notwendigen Handlungsdruck für moderne Verwaltungsverfahren und ist damit ein Instrument der digitalen Fairness. Ein Beispiel aus der Praxis ist das Genehmigungsverfahren für Solaranlagen oder Wärmepumpen in Wohngebieten. Obwohl die Rechtslage hier vielerorts Genehmigungsfreiheit oder vereinfachte Verfahren ermöglicht, kommt es in zahlreichen Kommunen zu langwierigen Bearbeitungszeiten.
Ein bundesweit standardisiertes, digital geführtes Verfahren mit klarer Frist und automatischer Fiktion bei Nichtbearbeitung würde nicht nur Unternehmen entlasten, sondern auch die Akzeptanz von Digitalisierung in der Fläche stärken.
Wir fordern, dass die Digitalisierung von Genehmigungsverfahren nicht länger freiwillige Leistung einzelner Länder oder Kommunen bleibt, sondern Teil eines real verbindlichen bundeseinheitlichen Standards wird. Ein digital verfügbares Verfahren muss zur Voraussetzung neuer Pflichten gemacht werden. Zudem braucht es Transparenz: Verfahren müssen digital auffindbar, dokumentiert und bewertbar sein. Nur so entsteht Rechtssicherheit und Vertrauen.
Die öffentliche Verwaltung ist kein Selbstzweck, sondern Dienstleisterin. Digitalisierung bedeutet in diesem Zusammenhang auch Klarheit, Planbarkeit und Verlässlichkeit. Wenn unser Staat wirtschaftlich beweglich bleiben soll, müssen wir genau dort ansetzen, wo heute noch Papierstapel liegen: bei den Verfahren, die das Unternehmertum im Alltag lähmen.
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