Die MIT bezieht Position. Geleitet von einem klaren ordnungspolitischen Kompass bringen wir uns aktiv in aktuelle politische Diskussionen ein, geben wichtige wirtschaftspolitische Impulse und entwickeln Visionen für unser Land. Beschlüsse, Positionspapiere, Erklärungen und Stellungnahmen des MIT-Bundesvorstands finden Sie in unserem digitalen Beschlussbuch.
Eine Initiative der EU im Rahmen ihres „Green Deal“ ist die EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (Chemicals Strategy for Sustainability, CSS). Ziel ist ein besserer Schutz von Menschen und Umwelt vor gefährlichen Chemikalien. Insgesamt sieht die EU-Chemikalienstrategie mehr als 80 Einzelmaßnahmen vor, die in den kommenden Jahren im Rahmen zahlreicher Gesetzgebungsverfahren implementiert werden sollen. Für rund 12.000 chemische Stoffe ändern sich damit wesentliche Gesetze, Zulassungen und Bestimmungen. Wichtiges Instrument ist die geplante Verschärfung der REACH-Verordnung: einen entsprechenden Vorschlag will die EU-Kommission nach mehr als einem Jahr Verzögerung voraussichtlich im letzten Quartal 2023 vorlegen. Bereits heute bringt REACH positive Effekte für den Schutz von Menschen und Umwelt, die aber von den Unternehmen durch viel Personal und hohe Implementierungskosten erbracht werden müssen. Insbesondere für die vielen mittelständischen chemischen Unternehmen in Deutschland ist diese Last erdrückend. Eine weitreichende Verschärfung von REACH würde diesen Negativtrend noch beschleunigen; Planungssicherheit für Unternehmen und Investitionen würden sich weiter verschlechtern.
Fluorierte Gase (F-Gase) wurden in den 1990er Jahren eingeführt, um ozonschädigenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe“ (FCKW) zu ersetzen und werden häufig in Kühlgeräten wie Kühlschränken und Klimaanlagen, aber auch in für die Energiewende wichtigen Wärmepumpen verwendet. F-Gase sind in vielen Branchen unabdingbar. Derzeit wird die F-Gase-Verordnung angepasst. Die rot-grüne Mehrheit des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments stimmte am 1. März 2023 für einen raschen Ausstieg aus der Verwendung von fluorierten Kältemitteln. Diese Position bedeutet ein Verbot von Geräten, die F-Gase enthalten, in einigen Fällen bereits ab 2026. Durch die geplante Verschärfung der F-Gas-Verordnung werden Anlagen in Handwerk und Industrie unbrauchbar, darüber hinaus wird durch die Einschränkungen im Bereich der Wärmepumpen die Energiewende behindert.
Seit Anfang 2022 greift im Rahmen des Green Deals der Europäischen Union für viele Unternehmen, die von der Möglichkeit der nachhaltigen Unternehmensfinanzierung Gebrauch machen wollen, die EU-Taxonomie-Verordnung und wird im weiteren Verlauf auf viele weitere Unternehmen ausgeweitet. Durch ein Klassifizierungssystem werden wirtschaftliche Aktivitäten von Unternehmen entsprechend ihrer Nachhaltigkeit bewertet. Die Offenlegung klar definierter nachhaltigkeitsbezogener Informationen soll Greenwashing verhindern und nachhaltige Investitionen fördern. Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) begrüßt Bemühungen, nachhaltigen Projekten und Aktivitäten ausreichend Kapital zur Verfügung zu stellen. Zur nachhaltigen Transformation unserer Volkswirtschaft sind große Mengen insbesondere privaten Kapitals nötig. Allerdings führt die Taxonomie in ihrer aktuellen Ausgestaltung zu hohen Belastungen. In bestimmten Bereichen erschwert sie Kapitalmarktzugänge und verhindert Investitionen zugunsten des Klimaschutzes sowie der Fertigung von Produkten, die für eine klimaschonende Energiewende unerlässlich sind. Die Taxonomie nimmt starken Einfluss auf den Finanzplatz Europa im internationalen Wettbewerb. Es gibt Überlegungen, die Taxonomie auch auf soziale Aspekte auszuweiten. Auch der öffentliche Sektor ist von der Taxonomie betroffen, denn auch grüne Staatsanleihen und Fördermittel des öffentlichen Sektors werden in Zukunft entsprechend den Standards der Taxonomie beurteilt und vergeben
Ende letzten Jahres warnte die MIT vor dem Versuch der Bundesregierung, das Bundes-kartellamt bei Sektoruntersuchungen mit neuen Eingriffskompetenzen zu versehen. Nun hat die Ampel-Koalition einen Regierungsentwurf zum Wettbewerbs- und Kartellrecht verabschiedet, am 5. April 2023 passierte die 11. GWB-Novelle das Bundeskabinett. Der Gesetzesentwurf soll eine verbesserte Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch die Kartellbehörden ermöglichen. Dazu werden völlig neue Instrumente und Eingriffsmaßnahmen bis hin zur Zerschlagung von Unternehmen eingeführt. Wie von der MIT befürchtet geht die Umsetzung dieser neuen Eingriffsbefugnisse für die Kartellbehörden weit über das Ziel hinaus und das Gesetz weist schwerwiegende Mängel auf.
Unternehmen und Mittelstand sind diejenigen, die in Deutschland Investitionen in Innovationen umsetzen sollen und müssen. Fördermaßnahmen müssen effektiv, effizient und nachhaltig verwertbar erfolgen und sich so in den unternehmerischen Alltag sinnvoll einfügen. Deutschland braucht zusätzlich dazu dringend private Investitionen in Forschung und Innovation. Leider erreichen Investitionsanreize gerade kleine und mittlere Unternehmen oft nur unzureichend. Hinzu kommt, dass Förderprojekte häufig nicht auf eine nachhaltige Zielerreichung ausgelegt sind. Staatliche Förderpolitik ist oft praxisfremd organisiert, kompliziert und setzt zu wenig auf die Eigenverantwortung der Akteure. Allzu häufig stehen Kompetenzstreitigkeiten zwischen Ministerien der Erreichung von Innovations- und Forschungszielen im Weg. Anstatt Silodenken brauchen wir mehr interministerielle Zusammenarbeit.
Die deutsche Wirtschaft befindet sich am Scheideweg. War Deutschland vor zwei Jahrzehnten der „kranke Mann“, der sich in den Folgejahren zum Wachstumsmotor Europas entwickelte, droht jetzt erneut eine lange Phase schwachen Trendwachstums bei anhaltend hoher Inflation, kurz Stagflation. Hinter den konjunkturellen Schwankungen verbirgt sich immer deutlicher ein im Trend sinkendes Wachstum, das mit Wohlfahrtsverlusten einhergeht. Die Reallöhne in Deutschland waren 2022 zum dritten Mal in Folge rückläufig – das ist ein Warnsignal. Und vieles spricht dafür, dass die deutsche Wirtschaft auf einen dauerhaft geringeren Wachstumspfad mit einer Potentialrate von deutlich unter einem Prozent einschwenkt.
BESCHLUSS DES MIT-BUNDESVORSTANDS, 24./25. MÄRZ 2023
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) lehnt die vom Europäischen Parlament geplante deutliche Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung ab. Die Vorschläge zur Änderung der Richtlinie über Europäische Betriebsräte (ERB) würden aus dem bewährten Informations- und Konsultationsgremium ein Mitbestimmungsgremium machen, dessen Rechte sogar noch über die des deutschen Betriebsrats hinausgehen. So soll u. a. die Möglichkeit der Einstweiligen Verfügung für eine vorübergehende Aussetzung von Managemententscheidungen geschaffen werden, was es in Deutschland nicht gibt. Zugleich soll der Anwendungsbereich der Richtlinie stark ausgedehnt werden. Dazu sollen zukünftig weitaus mehr Sachverhalte als „länderübergreifende Angelegenheit“ eingestuft werden können, was zu erheblichen Verzögerungen bei der Umsetzung von Managemententscheidungen führen würde. Völlig inakzeptabel ist auch die geforderte Verschärfung der Sanktionen: So werden Strafen bis zu zehn Millionen Euro oder zwei Prozent des gesamten weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens schon bei unbeabsichtigten Verstößen gefordert.
MIT-FORDERUNGEN ZUM BESCHLEUNIGTEN AUSBAU VON WIND- UND SOLARENERGIE SOWIE STROMSPEICHERN
Angesichts des Klimawandels, der andauernden Energiekrise und weiterhin hoher Strompreise in Deutschland und der EU müssen alle Hebel genutzt werden, um den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv zu beschleunigen. Hierfür bedarf es eines verlässlichen Investitionsrahmens und vor allem auch der Beschleunigung von Prozessen auf allen Ebenen. Zudem muss mit dem notwendigen Ausbau der Erneuerbaren zwingend ein entsprechender Ausbau der Übertragungs- und Verteilernetze einhergehen. Ferner ist zur Dämpfung der hohen Strompreise mit PPA (Stromdirektlieferung) das Strommarktdesign entsprechend anzupassen. Darüber hinaus werden die hohen Subventionen der Vergangenheit für neue Wind- und Solarenergieanlagen weniger und weniger benötigt und sollten daher zurückgeführt werden.
Deutschland fällt im internationalen Standortwettbewerb immer weiter zurück und belegt unter den Industrienationen inzwischen einen der hinteren Plätze. Diesen Zustand hat die Bundesregierung zwar nicht allein herbeigeführt, aber sie verschlimmert ihn Tag für Tag, weil ökonomisch und ökologisch nachhaltige Zukunftskonzepte fehlen: Wir schalten CO2-freie Energieträger wie Kernenergie ab und importieren Energieträger, ohne gleichzeitig eigene Energiequellen wie Fracking-Gas zu erschließen oder Erneuerbare mit Netzen und Speichern zügig auszubauen. Die Ampel konzentriert sich auf Verbote, statt den Einsatz neuer Technologien zu erleichtern und zu ermöglichen. Wegen des selbst verschuldeten Angebotsmangels haben wir mit die höchsten Energiepreise weltweit bei gleichzeitig steigendem CO2-Ausstoß. Wegen innovationshemmender Verbote finden wohlstandsfördernde und klimaschützende Innovationen zunehmend in anderen Ländern statt. Die Wirtschaft wird dadurch ebenso belastet wie das Klima. Zusätzlich herrschen Arbeits- und Fachkräftemangel. Die Politik belastet die Unternehmen mit immer neuen bürokratischen Auflagen, wir verweigern uns einer Unternehmensteuerreform für einen attraktiveren Standort, wir investieren zu wenig in Infrastruktur und unser Bildungssystem ist undurchlässig und benachteiligt die ohnehin Benachteiligten.
Deutschland ist mit einem massiven Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel konfrontiert. Aktuell sind knapp 900.000 freie Arbeitsstellen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldet. Die ungemeldeten Stellen belaufen sich nach Schätzungen auf eine weitere Million. Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (Personen zwischen 20 und unter 65 Jahren) wird bis 2030 um 3,9 Millionen auf einen Bestand von 45,9 Millionen Menschen sinken. Die Zahl der Schulabgänger sinkt weiter. Zugleich sind mehr als 230.000 unbesetzte Ausbildungsplätze bei der BA gemeldet – Tendenz steigend. Durch die nicht besetzten Stellen bleiben die Unternehmen unter ihren Möglichkeiten, der volkswirtschaftliche Schaden und die Steuerausfälle sind gewaltig. Die Politik muss auf unterschiedlichen Politikfeldern rasch Maßnahmen ergreifen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.